Nun sind also 16 deutsche Soldaten in Afghanistan gefallen. "Gefallen"? Oh pardon: "Verunglückt", wie es im new-speek heißt. Deutsche Soldaten fallen nicht, sie ziehen auch nicht den Krieg, sie verunglücken einfach am Hindukusch - so wie andere andere deutsche Reisende im Urlaub in Thailand oder Sri Lanka der Tsunami trifft; das Leben ist grausam, da kann man nichts machen.
Deutsche Hubschrauber stürzen durch technische Fehler ab, deutsche Soldaten kommen durch böse Selbstmordattentäter ums Leben, und Munition explodiert durch elektrische Funken, von denen man nicht weiß, wo sie herkommen...
Immerhin meldete dpa diesmal hinterher: "Die Bundeswehr spricht zwar von einem Unfall, die Internationale Schutztruppe ISAF will aber auch einen Angriff nicht ausschließen."
Heute, über eine Woche später, wird immer noch ermittelt: Nichts Genaues weiß man nicht, und der Tod der Soldaten ist durch Schröders Vertrauensfrage und das globale Live-8-Konzert längst aus den Schlagzeilen verschwunden. - Heute fand eine Trauerfeier auf dem Kölner Flughafen statt.
Das Mandat für die deutschen Soldaten in Afghanistan läuft Mitte Oktober 2005 aus. Verteidigungsminister Struck möchte das Mandat ausweiten: Die Zahl der deutschen Soldaten erhöhen und auch das Einsatzgebiet ausweiten: "Wir brauchen für unsere Soldaten auf jeden Fall Bewegungsfreiheit im Norden und Westen des Landes." Bewegungsfreiheit. Gegen Bewegungsmangel?
In einem Interview fagte die FR Verteidigungsminister Struck:
"In Berlin könnte es ein Regierungsende für historische Feinschmecker werden: Rot-Grün kam ins Amt und erklärte Serbien den Krieg, heute fordert der Verteidigungsminister freie Hand bei Auslandseinsätzen. ... Ist das die rot-grüne Spur in der deutschen Militärgeschichte - die breite Akzeptanz von Auslandseinsätzen herzustellen?"
Und Struck wiederholte ganz offen:
"Erstens: Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt. ... Der zweite Satz lautet: Einsatzgebiet der Bundeswehr ist die ganze Welt. ... Aber die Bevölkerung muss auch wissen, was den Soldaten längst bewusst ist: Bei einem Einsatz, im übrigen auch auf dem Balkan oder in Afghanistan, können sie ihr Leben verlieren."
So ist es wohl.
Friedensgutachen 2005
Kurz vor dem Tod der deutschen Soldaten erschien das "Friedensgutachten 2005", das von den 5 führenden deutschen Friedenforschungs-Instituten einmal im Jahr herausgegeben wird. Sie ziehen darin eine negative Bilanz des militärischen Anti-Terror-Kampfes:
Ob in Afghanistan, im Irak, auf dem Balkan, in der indonesischen Provinz Aceh oder in Liberia - überall gelte:
"Die Rede von Friedensprozessen beschönigt häufig die Lage." Zunächst schweigen die Waffen, später bricht die Gewalt wieder aus. Seit 1945 gebe es doppelt so viel gescheiterte wie gelungene Konfliktbeilegungen.
"Nur selten passt westlicher Demokratieexport mit lokalen (. . .) Traditionen zusammen. Demokratisierungsinitiaven in multi-ethnischen Gesellschaften können (. . .) Konflikte und kollektive Identitäten weiter polarisieren."
Lob bekommt der "Aktionsplan Zivile Krisenprävention" der rot-grünen Bundesregierung. Aber für diesen Plan gibt es (angeblich) kein Geld.