Freitag, Dezember 11, 2015

Was machen eigentlich die deutschen Flugzeuge in Syrien und im Irak so? - 10. Dezember 2015

Screenshot tagesschau 20 Uhr vom 10. Dezember 2015
Nix Besonderes.

Was die Deutschen Soldaten in Afghanistan machten und machen
war klar. Das weiß doch jede/r:
  1. Brunnen bohren
  2. Schulen bauen
  3. Frauen und Mädchen in die Schule begleiten.
Screenshot tagesschau 10. Dezember 2015, 20 Uhr
Und in Syrien und im Irak? 
Das weiß jetzt durch die tagesschau von gestern auch jede/r. Niemand soll je wieder sagen können, er habe von nichts gewusst:

  1. „Vom IS beherrschte Gebiete in Syrien erkunden
  2. auch Einsätze über dem Irak sind bei einer entsprechenden Genehmigung Bagdads möglich". 
  3. [aus der Türkei heraus, von Incirlik aus] „sollen sie den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat unterstützen,
  4. mit ihren Aufklärungsflügen Bilder von Syrien aufnehmen und auswerten.“
Mit anderen Worten:Ein bisschen umherfliegen und erkunden, ein bisschen unterstützen (wodurch eigentlich?), und ein paar Fotos machen und diese hinterher anschauen (wozu eigentlich?).

Also lauter gute Sachen. Eigentlich was jede/r von uns imUrlaub auch so macht: Die Gegend erkunden, schöne Fotos  machen und dann gleich in Facebook posten. Oder so.

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Frau in England nach dem Beschluss des britischen Parlaments vom 2.12.15
nun auch Syrien zu bombardieren...
Mit einer Mehrheit von 174 Stimmen hatten die Abgeordneten
den Plänen der konservativen Regierung
von Premierminister David Cameron zugestimmt.
Kurz nach der Billigung starten die Maschinen. 
66 Labour-Abgeordnete stimmten mit der Regierung.

Screenshot tagesschau 10. Dezember 2015, 20 Uhr

Ein Leserbriefschreiber dichtete in der südwestpresse vom 11.12.15 dazu:

CDU- und SPD-Bundestagsabgeordnete hatten für den Syrieneinsatz gestimmt.
Liebe Abgeordnete der Großen Koalition, ... nachdem Sie dem deutschen Kriegseinsatz auch in Syrien zugestimmt haben, möchte ich Sie bitten, das Lied der Deutschen, das heißt die Nationalhymne, durch den nachfolgenden Text zu ersetzen. Dann sind auch alle drei Strophen wieder singbar.
"Deutschland, Deutschland über
alles / über all schon in der Welt,
Wie es jetzt durch Bombenterror
fast allparteilich zusammen hält
von Kabul bis nach Damaskus,
und Mali, in Afrika -
Deutschland, Deutschland über alles,
sind wir im Krieg jetzt auch schon da [...]
hurra wir dürfen mit da rein.
[...]
Wonach wir in Frieden strebten
Wird durch Militär ersetzt!
Kampf statt Menschlichkeit und Freiheit,
Recht wird gleich mit ausgesetzt - "
[...]

Nun ja, einen Poetikpreis wird es für diese Zeilen voraussichtlich nicht geben. Aber ...
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Kristin Helberg meint:
Die Syrer wollen WENIGER Bomben, nicht MEHR. Warum hört denn keiner richtig zu?

Wahrscheinlich weil der Syrien-Einsatz in Wahrheit kein Einsatz für Syrien ist, sondern eine politische Geste. Nach dem Terror von Paris hat Bündnispartner Frankreich um Hilfe gebeten, und um das klapprige Europa nicht noch mehr ins Wanken zu bringen, eilen wir Deutsche herbei.

Quelle
Ohne zu fragen, was den Menschen in Syrien eigentlich helfen würde, beschließen wir aktionistisch einen Militäreinsatz, von dem wir genau wissen, dass er nichts bringt. Denn veraltete Tornados aus den Zeiten des Kalten Kriegs sind bei einem asymmetrischen Kampf gegen nichtstaatliche Terrorgruppen kaum zu gebrauchen. Der bevorstehende Einsatz ist nicht nur sinnlos, sondern auch kontraproduktiv [...] In freudiger Erregung wartet der IS auf die Invasoren aus dem Westen. Er weiß, dass ihm in Syrien jede Bombe mehr Anhänger verschafft.[...]

Deshalb ist das einzige militärische Engagement, das in Syrien Sinn ergibt, der Schutz von Zivilisten. Seit Jahren fordern zivilgesellschaftliche Gruppen genau das – Flugverbotszonen oder Schutzzonen, in denen die Menschen sicher wären vor den Luftangriffen des Regimes und in denen Oppositionelle eine alternative Ordnung aufbauen könnten. [...] eine dritte, sehr einfache Möglichkeit, um Zivilisten zu schützen: eine „No-Bombing-Zone“ oder Bombenverbotszone.[...]

Doch statt mit Bombenverbotszonen Fluchtursachen zu bekämpfen, schicken wir 1.200 BundeswehrsoldatInnen – ohne klares Ziel, ohne Strategie, ohne Plan. Wie die Syrer das finden? Zynisch. Zum Schutz von Zivilisten war ein deutscher Militäreinsatz in Syrien jahrelang „undenkbar“, aber aus Solidarität zu Frankreich stellen wir innerhalb von drei Wochen sechs Tornados und eine Fregatte bereit. 134 Millionen Euro kostet das – anders eingesetzt, könnten wir mit diesem Geld Hunderttausenden Syrern eine Flucht nach Deutschland ersparen. [Der ganze Text]


Todesfuge: Der Tod soll kein Meister aus Deutschland sein...
Bildquelle

Samstag, November 21, 2015

Volkstrauertag - Kriegsgräber - Attentate in Paris - Opfer und Feindbilder

Screenshot focus.de vom Volkstrauertag 2015
Die Attentate in Paris

am Freitag, den 13. November 2015, zwei Tage vor dem deutschen Volkstrauertag 2015. - Ein Grunde mehr zum Trauern um unschuldige Tote und Verletzte...
  • Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges vorgeschlagen. Der Volkstrauertag wurde erstmals am 28. Februar 1926 begangen.
    In der Weimarer Republik wurde der Volkstrauertag noch nicht zum gesetzlichen Feiertag erklärt. 
  • Die Nationalsozialisten übernahmen den Volkstrauertag und legten ihn als staatlichen Feiertag fest. Mit dem Gesetz über die Feiertage vom 27. Februar 1934 wurde er in Heldengedenktag umbenannt: Nicht mehr Totengedenken sollte im Mittelpunkt stehen, sondern Heldenverehrung. 
  • In der DDR wurde nach dem 2. Weltkrieg  ein „Internationaler Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg“ eingeführt.
  • In Abgrenzung zur Tradition des Heldengedenktages wurde in der Bundesrepublik 1952 beschlossen, den Volkstrauertag an das Ende des Kirchenjahres zu verlegen. Gedacht wird der „Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat“, an die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
    Die zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag findet jeweils im Deutschen Bundestag statt. Eine Rede und ein Wort des Bundespräsidenten in Anwesenheit des Bundeskanzlers, des Kabinetts und des Diplomatischen Corps ist üblich, ebenso die musikalische Gestaltung, das Spielen der Nationalhymne und des Liedes Der gute Kamerad. Als Lied ist das Gedicht besser bekannt unter der Anfangszeile der ersten Strophe: "Ich hatt’ einen Kameraden". (Quelle)
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Gedenken der „Toten zweier Kriege an den Fronten und in der Heimat“

1919 wollte der Volksbund nur der "gefallenen deutschen Soldaten des ersten Weltkrieges" gedenken. 1934 wollten die deutschen Nationalsozialisten der Helden gedenken, natürlich auch nur der deutschen Helden, nicht der Menschen, die in anderen Ländern und Staaten als Helden verehrt werden:
»Mit dem „Gesetz über die Feiertage“ benannten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag am 27. Februar 1934 in „Heldengedenktag“ um. Von da an stand nicht mehr das Gedenken an die Kriegstoten aller beteiligten Länder im Vordergrund sondern die Heldenverehrung deutscher Soldaten
Ab 1952 gedenkt der Bundestag am Volkstrauertag an die Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen, nicht nur an den Fronten, sondern auch in der Heimat.

Vermutlich wird im Bundestag heute, am Volkstrauertag 2015, auch der Opfer der Attentate in Paris vor 2 Tagen gedacht.
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Sind die Täter von Paris eigentlich auch Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen?
Aus Sicht ihrer Familien: Vielleicht.
Und für manche Menschen sind sie ganz sicher auch Helden
Und irgendwo auf der Welt wird es einen "Heldengedenktag" geben, an dem ihrer gedacht wird.
Gewalt-Opfer sind immer "wir"?
Gewalt-Täter sind immer "die Anderen"? 
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Rück-Schritt 2012: Thomas des Maizières Veteranentag:
 
16.2.2012 – Am Rande eines Truppenbesuchs in den USA hat Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière vorgeschlagen, in Deutschland einen Veteranentag einzuführen.
De Maizière sagte über sein Veteranenkonzept, es sei überfällig und wir hätten uns bisher davor gedrückt.:
“Eine Tradition entsteht nicht durch Verordnung. Aber vielleicht kann man mal eine Tradition stiften, und die Zeit ist jetzt reif.”
Der Minister führte aus, dass er an einem solchen Tag nicht nur die verwundeten Soldaten würdigen, sondern auch Tapferkeitsmedaillen für besondere Leistungen im Einsatz verleihen wolle.
Unterstützung erhielt der Verteidigungsminister heute von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Bernd Siebert. Der Politiker betonte, dass der Begriff Veteran der Preis sei, den die Angehörigen der Bundeswehr für die Verteidigung „unser aller Freiheit mitunter zahlen müssen“ und führte weiter aus:
Für die Soldaten der Bundeswehr würde ein Veteranentag ein Stück Anerkennung für ihre schwierige und gefährliche Aufgabe bedeuten. Gerade im Hinblick auf die laufende Neuausrichtung der Bundeswehr ist eine neue Kultur innerhalb der Armee, aber auch im Zusammenspiel von ziviler Gesellschaft und den Streitkräften notwendig.“ (Quelle)  (Siehe auch
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Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.  
wurde am 16. Dezember 1919 gegründet  Er erhält und betreut Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Kriegsgräberstätten) im Ausland. Er pflegt die Gräber von Kriegstoten des Ersten und Zweiten Weltkriegs auf Friedhöfen in 45 Ländern. Ferner werden Friedhöfe und Denkmäler der deutschen Kolonialzeit, des Krieges von 1870/71 sowie der deutsch-dänischen Kriege von 1848/51 und 1864 gepflegt. [wikipedia]
Der Verband finanziert sich zu 75% aus Spenden, die durch Straßensammlungen im Herbst eingesammelt werden. Doch: 


Niederhorbach sammelt nicht mehr.

 
 
Vor einemJahr hat dies der Gemeinderat einstimmig beschlossen. 
Und er hat eine Resolution verabschiedet. Die Leute sollen wissen, warum die Sammel-Büchse nicht mehr rasselt. Acht Ja-Stimmen, eine Enthaltung:

Nein, es geht nicht gegenden Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge,stellen dieVolksvertreter klar. Die Arbeit gegen das Vergessen sei richtigund wichtig. 
Deswegen rufen sie die Einwohner auf, das Geld zu überweisen. 
Aber wenn „etliche Vertreter unserer großenPolitik“ meinen, Deutschland müsse „mit Mann und Material an internationalen Brandherden mitzündeln“, dann sollen sie in Zukunft selbst die Häuser abklappern, stellten die Gemeinderäte klar. 
Mehr noch: 
„Wenn im Militärhaushalt Geld ist, um in fremde Kriege zu ziehen, dann ist erstrecht Geld da, vorhandene und zwangsläufig hinzukommende Gräber gefallener Soldaten zu pflegen.“ 
Und sie schließen:
„Krieg geht von deutschem Boden aus, wenn deutsche Soldaten in die Kriege der Welt getriebenwerden, und wenn die deutsche Rüstungsindustri eerfolgreich ihrem Bombengeschäft nachgeht.“ 
 Der ehemalige Bürgermeister ergänzt:

„Wasmich aufgebracht hat, ist dieRede von Joachim Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz voriges Jahr." [...] 
Glaubt man’s noch? Ein ehemaliger Pastor redetvom Krieg. 
„Als der Struck sagte, die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt,also … Also das ist Verarschung. - Nach dem 11. September 2001erweiterte SPD-VerteidigungsministerPeter Struck den Aktionsradiusder Bundeswehr kurzerhand bis nach Afghanistan.Deutschland wird am Hindukuschverteidigt? Mit Milliarden von Euro? Mit Menschen und Material? Und dann kehren Verwundete, Traumatisierte, Tote heim? Und die Spitze des Staates nennt das „Verantwortung einüben“? [...]„Wir als Deutsche haben eineVerpflichtung, uns für den Frieden einzusetzen. “
[Der ganze Text in der tageszeitung vom Freitag, 13.11.2015, Seite 5]
Feindbild 1. Weltkrieg (Quelle)
Feindbild 2. Weltkrieg (Quelle)
Feinbild 2010 (Quelle)



Freitag, November 20, 2015

Warum in diesem Jahr zum zweiten Mal Paris als Anschlags-Ziel? Und warum Deutschland?



"Verbale Kraftmeierei". (Quelle)
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Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hält es für falsch,
nach den Attentaten in Paris von "Krieg" zu sprechen,
wie einige Politiker es derzeit tun.
"Krieg ist eine andere Dimension", betont er
und warnt vor verbaler Kraftmeierei und Gesetzesverschärfungen. (Quelle)

Gerhart Baum weiter (a.a.O.):
Gerhart Baum betonte, man müsse sich damit abfinden, dass die Bürger nicht immer und überall hinreichend geschützt werden könnten. Etwas anderes zu behaupten, sei unverantwortlich.
Er wandte sich scharf gegen Politiker, die in der jetzigen Situation von "Krieg" sprächen. Auch Bundespräsident Joachim Gauck sei in seiner Rede zu weit gegangen: "Krieg heißt Einsatz der Bundeswehr – dass sind ganz klare Regelungen im Grundgesetz." Juristisch sei eine solche Wortwahl deshalb nicht haltbar.
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"Wieso zu Beginn des Jahres Paris?
Und jetzt schon wieder Paris?"


So die Frage von Günther Jauch in seiner Talkshow am Sonntag nach den Anschlägen in Paris an den früheren „Ersten Moderator“ der ARD-Nachrichtensendung tagesthemen, Ulrich Wickert, Jahrgang 1942.
Screenshot ARD

Wickert:
"Da gibt es mehrerer Gründe, man darf eins nicht vergessen, es hat solche Attentatswellen in den letzten Jahren immer wieder gegeben. 
Es gab 1995 eine Attentatswelle, die von Algerien her kam. 1986 habe ich das selber erlebt, damals war ich ARD-Korrespondent in Paris, da gab es eine Attentatswelle, die über lange Zeit ging, wo an verschiedenen Orten, in der Metro etwas explodierte, in Kaufhäusern, in Buchläden, und immer wieder kleine Zahlen, also 7, 8, 10 Leute tot waren, also nicht wie jetzt hier, und damals war [das] Hisbollah, aber wahrscheinlich vom Iran her gesteuert. 

Das hat mehrere Gründe. 
  1. Es hat einfach einen geschichtlichen Grund, weil die Franzosen mit den Engländern diese Zeit 1916 sich sozusagen das osmanische Reich dort aufgeteilt haben, die Franzosen besonders die Schutzmacht vom Libanon gewesen sind mit den christlichen Minderheiten. Das ist das eine, das geschichtliche.
  2. Dann kommt jetzt dazu, dass die Franzosen in ihrer politischen Identität den Begriff der Laïcisme haben, also dass Laien, die Trennung zwischen Staat und Kirche ganz besonders wichtig ist, Chador tragen ist öffentlich verboten, und das ist etwas, was den Islam besonders stört, dass die dort sozusagen qua Gesetz verfolgt werden, wenn sie das tun, was sie ganz wichtig finden.
  3. Und dann darf man gar nicht vergessen, dass die Franzosen sich ja in verschiedenen Gegenden militärisch angagieren, in Mali haben sie geholfen, den Norden wieder zu befreien, wo auch islamistische Gruppen beteiligt gewesen sind, und jetzt bombardieren sie sowohl im Irak wie auch in Syrien, eben Stellungen der islamischen Terroristen. Man muss die immer nur Terroristen nennen."
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Hat Frankreich in Mali militärisch "geholfen"? Wem und wobei? Und wer noch?

Französische Soldaten in Bamako, der Hauptstadt Malis. (Quelle)
Globaler Konkurrent Europas in Mali ist die Volksrepublik China.
  • Focus-Online-Märchenstunde, Januar 2014:
    EU schickt Soldaten nach Zentralafrika. Deutschland will Frankreich in Mali entlasten.
    Die Europäische Union entsendet eine EU-Militärmission in die in Chaos versinkende Zentralafrikanische Republik. Das beschlossen die EU-Außenminister am Montag in Brüssel, wie EU-Diplomaten sagten. Die vermutlich rund 500 Soldaten umfassende EU-Truppe soll französische und afrikanische Soldaten unterstützen, die bereits vor Ort im Einsatz sind.
  • Frankreichs Uran-Interessen bringen Mali auf Kriegskurs.
    Die Vereinten Nationen haben den Weg für einen Kriegseinsatz im Norden des Landes und das Chaos im ganzen Land freigemacht.
    Die Lage in Mali ist verworren, doch nun haben sich die Vereinten Nationen (UN) dazu entschlossen, eine sogenannte "Friedenstruppe" in die afrikanische Republik zu entsenden. Der Norden des Landes, der Azawad genannt wird, soll damit angeblich von Islamisten befreit werden. Im April hatten - nach einem Militärputsch in Bamako und dem dadurch entstandenen Machtvakuum - Tuareg-Rebellen den Azawad für unabhängig erklärt.
    (telepolis Weihnachten 2012!)
  • Den Militäreinsatz in Mali mit Sicherheitsinteressen zu begründen ist zynisch.
    Tief im Herzen Afrikas will Frankreichs Staatspräsident Hollande die Versorgung seines Landes mit dem Atomkraftbrennstoff Uran sichern. Geht die Operation schief, ist seine Regierung am Ende.
    (Wirtschaftswoche Januar 2013)
  • Der Krieg in Mali ist eng verbunden mit der Rohstoffzufuhr für den Atomstaat Frankreich.
    Im angrenzenden Niger gerät die wichtigste Bezugsquelle für Uran in Gefahr. Die aktuelle Schwäche des Markts für den Nuklearbrennstoff schürt weitere Unruhe in der Region. (manager magazin Januar 2013)
  • Militäreinsatz.Deutschland hilft Frankreich in Mali.
    Die französische Armee fliegt in Mali Luftangriffe gegen Extremisten. Der Kampfeinsatz wurde vom UN-Sicherheitsrat gutgeheißen und rief die EU auf den Plan. Auch Deutschland machte jetzt ein Angebot.
    (Handelsblatt Januar 2013)
  • Anfangs waren die französischen Soldaten allein in Mali, nun wird die Hilfe aus Deutschland deutlich ausgeweitet. Hinter der Entsendung von Bundeswehr-Soldaten der binationalen Brigade steckt vor allem ein politisches Signal.(Süddeutsche Zeitung Januar 2014)
  • Frankreich fliegt verstärkt Angriffe in Syrien – und bittet die EU-Parnter um Hilfe. Deutschland wird den Nachbarn in Mali entlasten Deutschland hilft Frankreich militärisch. (Hamburger Abendblatt 18.11.2015!)
"Wieso zu Beginn des Jahres Paris? Und jetzt schon wieder Paris?" - "Das hat mehrere Gründe":
4. Auch darum.
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Ist seit Paris (Freitag, 13.11.2015) alles anders?
"Paris ändert alles" twitterte Markus Söder, der bayerische Finanzminister nach den Terror-Anschlägen in Paris.
Nein.

Gerhart Baum (a.a.O.):
"Und die Frage ist, ob man jetzt so tut, als seien wir in einer ganz neuen Situation. Er Herr Söder hat gesagt, die Anschläge in Paris ändern alles.
  • Ja, kann man sagen, ändern alles für die Familien der Opfer.
Aber sonst sind wir doch nicht überrascht.
Wir haben doch Charlie Hebdo gehabt, wir haben Anschläge gehabt, verschiedene Anschläge in Westeuropa, und wir müssen damit rechnen, dass das bei uns auch passiert. Das ist ein Reflex auf die schreckliche Lage im Nahen Osten mit den zerfallenden Staaten, wo es keine Regierungen mehr gibt, wo es keine Ansprechpartner gibt. Übrigens: Mit wem soll man in diesem Krieg denn irgendwann mal Frieden schließen. Wer ist denn der Kriegsgegner?"
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 Anschläge in Deutschland
Quelle


Ralf Jäger, Innenminister von NRW im Deutschlandfunk:
  • "Tatsache ist, dass wir zwar eine ernste Gefahrenlage haben, eine ernste Sicherheitslage, nicht erst seit Freitag letzter Woche, nicht erst seit Paris, sondern schon seit vielen Wochen, weil Dschihadisten sehr aggressiv deutschsprachig zu Anschlägen in Deutschland aufrufen im Netz.

  • Es gab zwölf Anschlagsversuche in Deutschland in den letzten Jahren. 
Einer ist gelungen mit zwei toten GIs in Frankfurt. Bei zweien hatten wir schlichtweg Glück. Aber neun Anschläge haben wir in Deutschland verhindert, weil die Sicherheitsbehörden im Vorfeld gut zusammengearbeitet haben, Informationen ausgetauscht haben und wir sozusagen im Vorfeld bereits die Nase daran bekommen haben, dass da jemand was plant und dadurch vereiteln konnten. Das ist das Wichtigste zurzeit, dass wir diese Informationen, die sprunghaft angestiegen sind, zurzeit auwerten. Beide Länder [Frankreich und Deutschland] haben eine relativ große salafistische Szene, die man nicht einfach verbieten kann, wie man Rechtsextremismus und Linksextremismus auch nicht einfach verbieten kann. 
  • Der politische Salafismus ist ja nicht das Problem. 
Das sind etwa 7000 Menschen in Deutschland von vier Millionen Muslimen, also eine ganz, ganz kleine Minderheit. Und unter diesen 7000 gibt es noch einmal möglicherweise 2000 Personen, die bereit wären, mit Gewalt ihre Ideologie umzusetzen. Da wo wir es wissen, da wo wir es erahnen, haben wir diese fest im Blick, genauso wie in Frankreich.
  • Frankreich ist stark involviert in die Auseinandersetzung in Syrien, nimmt selbst teil an den kriegerischen Auseinandersetzungen und ist deshalb zurzeit auch eher Ziel als Deutschland.
Damit will ich aber nicht sagen, dass wir uns zufrieden zurücklehnen können, sondern eine hohe Anschlagsgefahr gibt es natürlich auch für Deutschland."
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Ein neuer Beitrag zum Dialog
der Kuluren und Religionen:
"Sie haben die Waffen. Wir scheißen auf sie,
wir haben den Champagner!"
Frage: Wer ist "Sie"??? Und wer ist "Wir"???
 (Quelle)
"In Deutschland sterben in jedem Jahr mehr Menschen an Fischgräten
als in den vergangenen 10 Jahren bei terroristischen Anschlägen" (Quelle)
Galgen-Humor? Verharmlosung?


Siehe auch: 
 

Mittwoch, Oktober 07, 2015

Die Flüchtlings-Konferenz von Évian scheiterte. - "Den Flüchtlingswellen folgte ein großer Krieg."


Die Konferenz von Évian
  • fand vom 6. Juli 1938 bis zum 15. Juli 1938 im französischen Évian-les-Bains am Genfersee statt.
  • Vertreter von 32 Nationen trafen sich auf Initiative des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, um die Möglichkeiten der Auswanderung von Deutschen jüfischer Religion aus Deutschland und Österreich zu verbessern.
  • Es ging darum, welche Staaten wie viele Füchtlinge aufzunehmen bereit sind. 
  • Die Konferenz scheiterte. 
  • Eine „ungute Parallele“ zu heute sieht Peter Finkelgruen:
„Den Flüchtlingswellen folgte ein großer Krieg. 
Wir haben im Moment eine ähnliche Gefahr.  Da ist die Ukraine, und jetzt will Russland auch noch in Syrien intervenieren. Und die Sache mit dem Iran ist auch noch lange nicht gegessen. Im Nahen Osten droht eine große kriegerische Auseinandersetzung.“ 
Ein Gutes könnte das immerhin haben, scherzt Peter Finkelgruen dass Israelis und Palästinenser näher zusammenrücken – gegen einen gemeinsamen Feind, sei es der IS oder der Iran.[Quelle u.a. taz]
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Peter Finkelgruen wurde 1942 in Shanghai geboren,
wohin seine Eltern aufgrund der NS-Verfolgung geflohen waren:
Einige Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich waren in der Lage, Fahrkarten für luxuriöse japanische Dampfschiffe zu erwerben, die Europa von Genua aus verließen.

Die Flüchtlinge beschrieben die dreiwöchige Reise mit reichhaltiger Verpflegung und Unterhaltungsprogrammen angesichts der Umstände als „surreal“. Einige Passagiere versuchten, sich in Ägypten in das britische Mandatsgebiet Palästina einzuschmuggeln.

Die japanische Besatzungsmacht in Shanghai ließ jüdisches Eigentum konfiszieren und verhängte eine Ausgangssperre; zum Verlassen des Ghettos war ein Passierschein notwendig. Der größte Teil der Flüchtlinge kam nach 1937; 1939 wurden die Einreisebestimmungen verschärft, und erst mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 wurde eine Flucht in das Ghetto von Shanghai unmöglich. [wikipedia

Quelle: taz Oktober 2015
1943 wurde der Shanghaier Stadtteil Hongkew/Hongkou auf Druck der deutschen Regierung von den japanischen Besatzern zum Ghetto für sogenannte staatenlose Flüchtlinge erklärt (Shanghaier Ghetto),
Eine Schiffsreise nach Israel gerät dem Autor zu einer Reise in die Vergangenheit. Geboren in Schanghai, wohin die Eltern als Juden aus Nazideutschland fliehen mußten, wuchs Peter Finkelgruen in Prag und im israelischen Kibbuz auf. Widerwillig kehrte er als junger Mann mit seiner Großmutter nach Deutschland zurück. Finkelgruen studierte in Freiburg, Bonn und Köln. 1981 wurde er Korrespondent der Deutschen Welle in Israel und leitete dort bis 1988 das Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung. Peter Finkelgruen lebt und arbeitet in Köln.
  • >>> Zum Buch "Erlkönigs Reich". 
  • Ursula Krechels Roman „Shanghai fern von wo“ erzählt „die Geschichte seiner Eltern“. 
  • Joshua Sobols Theaterstück „Schöner Toni“ basiert auf Recherchen zum SS-Mann Malloth (gestorben 2002), der Finkelgruens Großvater Martin im Lager Theresienstadt am Tag der Ankunft erschlug.
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Die Konferenz von Évian 1938. 
Die Geschichte wiederholt sich 2015?
Nach der „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 begann die Zahl der deutschen Auswanderer jüdischer Religion stark anzusteigen.

  • Trotz der Wirtschaftskrise in den Aufnahmeländern fanden viele politisches Asyl. 
  • Obwohl die Situation für die jüdischen Deutschen in Deutschland immer schwerer wurde ließ die Bereitschaft zur Aufnahme in den Zielländern nach. 
  • Die Briten erließen im November 1937 zur Beruhigung der gesellschaftlichen Lage in Palästina rigide Aufnahmebeschränkungen für dieses Gebiet.
Die praktische Flüchtlingshilfe dieser Jahre lag weitgehend in den Händen des sogenannten Nansen-Büros (Internationales Nansenamt für Flüchtlingsangelegenheiten), das 1931 vom Völkerbund [Vorgänger der UNO] eingerichtet worden war.
  • Speziell für die deutschen EmigrantInnen wurde 1933 in Lausanne das Hochkommissariat für Flüchtlinge aus Deutschland eingerichtet.
Da 1938 die Flüchtlingsströme von Auswanderern aus Deutschland erneut anstiegen war bald klar, dass es hier einer internationalen Vereinbarung bedurfte, um die immer unerträglicher werdende Situation in den Griff zu bekommen. In dieser Lage übernahmen die Vereinigten Staaten die Initiative und schlugen eine Konferenz vor; als Ort war zunächst Genf, der Sitz des Völkerbundes vorgesehen, doch befürchtete die Schweiz eine Beeinträchtigung ihres Verhältnisses zum deutschen Nachbarn, so dass sich schließlich Frankreich bereit erklärte, die Konferenz auf seinem Territorium in Évian stattfinden zu lassen.

Ursprünglich war nur daran gedacht, die Situation der aus Deutschland fliehenden Menschen jüdischer Religion zu regeln.
Schnell erkannten aber insbesondere nationalistische und antisemitische Vertreter osteuropäischer Staaten die Gelegenheit, auf ihr jeweiliges „Judenproblem” hinzuweisen.
  • Damit standen die möglichen Zielländer vor der Perspektive, nicht mehr lediglich 500.000 deutsche jüdische Flüchtlinge, sondern möglicherweise zusätzlich mehrere Millionen Menschen aus Osteuropa aufnehmen zu sollen. 

  • Der anfängliche humanitäre Impuls geriet so in den Hintergrund,
  • und „Juden” wurden nunmehr weitgehend als „Problem” betrachtet. 

  • Bald wurde klar, dass sich die Aufnahmebereitschaft der meisten Länder in engen Grenzen hielt. 
So erklärten mehrere Konferenzteilnehmer, ihr Land sei grundsätzlich kein Einwanderungsland, andere wiesen darauf hin, dass sie lediglich den Transit von jüdischen Flüchtlingen zulassen könnten; im Übrigen würde eine weitere Zuwanderung lediglich dem Antisemitismus weiteren Auftrieb geben. Die Vereinigten Staaten hielten an ihrer Quote von jährlich 27.370 Einwanderern aus Deutschland und Österreich fest.

Es gab diverse Pläne zur Ansiedlung jüdischer Siedler, so im von der Sowjetunion eingerichteten Autonomen Gebiet Birobidschan oder in der portugiesischen Kolonie Angola. Eine unautorisierte Zeitungsmeldung aus Südafrika nannte Madagaskar als mögliche Zufluchtstätte.
Tatsächlich waren diese Projekte kaum praktikabel. Der Versuch des Diktators der Dominikanischen Republik Rafael Trujillo, sich dadurch zu profilieren, dass sein Land die Einwanderung von 100.000 Juden zugestand, reiht sich in diese Projekte wegen seiner in Frage gestellten Motive ein: Man warf ihm vor, er wolle dadurch von seiner Terrorherrschaft ablenken; außerdem würden rassistische Motive hinter der Entscheidung stehen, da es Trujillo darum gehe, das „weiße” Element in seinem Land durch die Einwanderung zu stärken (tatsächlich gelangten lediglich 600 Juden in die Dominikanische Republik).

  • 15.000 Juden retteten sich nach China, ehe auch dieses Land seine Türen vor den Juden verschloss.  
Letztlich war das einzige konkrete Ergebnis 
die Gründung des Intergovernmental Committee on Refugees, auch Comité d’Évian genannt, das künftig in Kooperation mit Deutschland die Modalitäten der deutschen jüdischen Auswanderung regeln sollte. Dessen Erfolge hielten sich wegen der Weigerung der Völkergemeinschaft, Deutsche jüdischer Religion im Rahmen konkreter neuer Kontingente aufzunehmen, in engen Grenzen. Zudem wurden bereits im nächsten Jahr durch den Kriegsausbruch die Auswanderungsmöglichkeiten erneut drastisch eingeschränkt. (Quelle)

Quellen: Schwäbsiches Tagblatt, taz

Hausaufgabe ;-) :
  1. Was kommt dir irgendwie bekannt vor? 
  2. Suche Parallen zwischen 1938 und 2015.
  3. Finde Unterschiede.
  4. Und diskutiere mit deinen Nachbarn darüber.
  5. Lernt uns das etwas?
  6. Wenn ja: Was? - Wenn nein: Warum nicht?
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Quelle