Ärzte ohne Grenzen (ver-)wehren sich:
»In den vergangenen zwei Tagen haben Vertreter der US-amerikanischen und anderer Regierungen Statements abgegeben, in denen sie den Einsatz chemischer Waffen in Syrien als "zweifelsfrei" erwiesen bezeichneten und Verantwortliche benannten. Sie bezogen sich in ihren Verlautbarungen auf Berichte verschiedener Organisationen - darunter auch Ärzte ohne Grenzen.
Ärzte ohne Grenzen weist ausdrücklich darauf hin, dass die von der Organisation veröffentlichten medizinischen Berichte nicht dafür genutzt werden dürfen, die genaue Herkunft der neurotoxischen Stoffe zu bestätigen und Verantwortliche zu benennen. [...]
Unsere Informationen deuten zwar stark auf einen massenhaften Kontakt mit einem neurotoxischen Stoff hin. Doch Ärzte ohne Grenzen hat deutlich erklärt, dass ein wissenschaftlicher Nachweis des toxischen Stoffes und eine unabhängige Untersuchung erfolgen müssen. Erst dies kann gegebenenfalls die Grundlage dafür bilden, aus dem Vorfall eine massive und inakzteptable Verletzung internationalen humanitären Rechts abzuleiten. Darüber hinaus haben wir deutlich gemacht, dass wir nichts darüber sagen können, wer dafür verantwortlich ist.
Inzwischen ist eine Untersuchung durch UNO-Inspektoren im Gang. Ärzte ohne Grenzen verwehrt sich dagegen, dass unsere Informationen als Rechtfertigung für einen Militärschlag verwendet werden. Als unabhängige medizinische humanitäre Organisation geht es für Ärzte ohne Grenzen einzig darum, Menschenleben zu retten, die Leiden der vom Syrienkonflikt betroffenen Menschen zu lindern und darüber zu berichten, wenn wir mit kritischen Vorfällen konfrontiert sind. Dabei halten wir uns strikt an die Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit.«
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"Kafranbel ist wieder da >>>
Sie sind berühmt für die syrische Revolution, weil sie die politische Meinung der SyrerInnen immer sehr gut auf den Punkt bringen: Die Bilder, Plakate und Slogans aus Kafranbel. Für einige Wochen vielen die Bilder weg, weil es internen Streit gab. Heute bringen die AktivistInnen vor Ort wieder die Meinung vieler Menschen in Land auf den Punkt – und fordern ein militärisches Eingreifen der USA."
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Medico International schreibt:
Solidarische Nothilfe statt Militärschlag.
"Nichts von dem, was einmal war, scheint fortzubestehen. Die Rebellion gegen die Despotie erstickt in Agonie. Die syrische Gesellschaft, ihre Kulturen, ihre Vielfalt, ihre Träume - all das hat begonnen zu sterben. Im Krieg untereinander und in der Angst voreinander. Soldaten, Auf ständische, Bomben und jetzt im grausam en Schrecken: Gas. medico leistet Soforthilfe für die Opfer des Giftgasangriffs im Großraum Damaskus. [...] medico unterstützt gemeinsam mit dem „Deutsch-Syrischen Verein zur Förderung der Freiheiten und Menschenrechte“ die medizinischen Teams in den von den Aufständischen kontrollierten Gebieten vor Damaskus (besonders in Ain Tarma, Zamalka und Moadamieh), in denen die vermuteten Giftgasangriffe stattgefunden haben." [...]Wir bitten um Ihre Spenden unter dem Stichwort Syrien. "
»Die Wahrheit ist politisiert
Waffen werden den Syrienkonflikt nicht lösen
Die schrecklichen Zahlen sind bekannt: zwei Millionen Flüchtlinge im benachbarten Ausland, mindestens vier Millionen Binnenvertriebene, dazu mindestens 100.000 Tote. Ohne zu wissen, welche todbringende Substanz in Syrien zum Einsatz kam und wer das zu verantworten hat, habe ich doch beim Anblick der Toten an Halabja denken müssen, die kurdische Stadt im Nordirak, die vor 25 Jahren von Saddam Hussein mit Senfgas, Sarin und VX beschossen wurde. -
Damals starben 5.000 Menschen im Gas und Zehntausende wurden verletzt. Damals erstickten besonders diejenigen, die in Kellern Schutz vor den Bombardierungen gesucht hatten. Denn das Gas war schwerer als die Luft und setzte sich knapp über der Erde ab.
Auch in den Vororten von Damaskus starben offenbar die Opfer in Hauseingängen und unteren Etagen. Das spricht für den Einsatz eines Kampfstoffes und man kann nur hoffen, dass die UN-Inspekteure tatsächlich die Zeit bekommen zu ermitteln, welches Giftgas dort zum Einsatz kam. Denn erst dann läßt sich tatsächlich schlussfolgern, wer dieses abscheuliche Verbrechen zu verantworten hat. Doch offenbar wird diese Zeit nicht mehr eingeräumt, denn die Wahrheit ist bereits politisiert. Und wer nun behaupten wird die Wahrheit herausgefunden zu haben, wie immer sie aktuell auch sein mag, wird von der „anderen Seite“ der Lüge bezichtigt werden. Denn die Diskussionen um die „richtige“ Reaktion kreisen nur noch um die Frage des Zeitpunkts und des Ausmaßes, wie in Syrien militärisch interveniert wird.[...]
Die syrische Tragödie ist kein Einakter und kann nicht mit Cruise Missiles, sondern tatsächlich nur politisch gelöst werden. Das klingt banal, bleibt aber dennoch richtig. Dafür aber müssen alle politischen Akteure im Land selbst und alle "regionalen Interessensmächte" einbezogen werden – auch der neue iranische Präsident Hasan Rohani, der ebenfalls den Giftgasangriff scharf verurteilt hat. Dass die USA aber diese Gespräche bislang konsequent abgelehnt haben und nun stattdessen eine militärische Bestrafungsaktion vorziehen, macht erneut deutlich, dass es in Syrien eben um mehr geht, als nur um die humanitären Belange der Syrerinnen und Syrer. Es geht eben auch um Geostrategie, Einflusszonen und Machtkonstellationen. Der Iran muss offenbar in jedem Fall isoliert bleiben und dafür wird letztlich auch die syrische Bevölkerung ihren Tribut entrichten. Auch das ist westliche Weltpolitik.«
[Veröffentlicht von Martin Glasenapp, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit medico international am 28.08.2013]
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