Donnerstag, Februar 13, 2014

ET IN TERRA PAX. Karl May, Gauck-Steinmeier-van-der-Leyen sowie "die verstärkte Rolle des Deutschen Reiches"


 Quelle: Pfr. Otto W. Ziegelmeyer :

»Neulich drückte mir ein Freund einen dicken Buchband in die Hand: „Du bist doch Karl May-Fan, da habe ich etwas für Dich!“

Es war ein Sammelband mit Beiträgen über China aus dem Jahre 1901 mit einem Roman von Karl May „Et in terra pax“ (lat. „Und Friede auf Erden“). Der lateinische Titel des Lieblingsautors meiner Jugend sagte mir nichts. Um so neugieriger war ich auf die Geschichte. _______________________________
Doch noch spannender war die Geschichte hinter der Geschichte; nämlich wie dieser Band entstand.«
Schauen Sie zunächst in diesem Blog auf > diesen Post und dort in der unteren Häfte auf den Abschnitt: "Was zuvor geschah".
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»Karl May war zu jener Zeit der berühmteste Schriftsteller deutscher Zunge. Daher bat ihn der Publizist Joseph Kürschner um Mitarbeit. May sollte in einem China-Sammelband einen Beitrag zur Verherrlichung von Kaiser und Vaterland, der europäischen Rassegemeinschaft und des Christentums leisten. Karl May sagte zu, - scheinbar.
Während die Kollegen erwartungsgemäß Beiträge wie „Die gelbe Gefahr" oder „Greuelthaten der Rebellen" ablieferten, schrieb Karl May in seiner Villa Shatterhand den Roman „Et in terra pax“. Erst nachdem das Gesamtprojekt inklusive Werbemaßnahmen unter Hinweis auf die Mitwirkung des berühmten Karl May schon weit gediehen war, trafen die ersten Manuskriptteile von Karl May bei Kürschner ein. - Er muss getobt haben, - denn statt von hinterhältigen chinesischen Piraten und minderwertigen Religionen las er nun Beispiele von Humanität, Bruderliebe und Friede, von Toleranz und friedlicher Koexistenz der Religionen und Kulturen. May sprach sich darin unmissverständlich gegen die Kolonialisierung und die europäische Machtpolitik aus. Er beschreibt eine christliche, heilsgeschichtliche Utopie des inneren und äußeren Friedens, an der Abendländer und Asiaten gleichberechtigt teilnehmen. „Et in terra pax“ stand damit in einem völligen Kontrast zum literarischen Hurrapatriotismus der anderen Beiträge des Sammelbandes.

Aber für den Herausgeber gab es kein Zurück mehr. Der groß angekündigte Band erschien 1901 als voluminöses Prachtwerk unter dem Titel
  • „China. Schilderungen aus Leben und Geschichte, Krieg und Sieg“, – und war dank Karl Mays Beitrag eine Art "Trojanisches Pferd der Literatur"! 

China. Schilderungen aus Leben und Geschichte, Krieg und Sieg. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik.

3 Teile in einem Band: 1. China, Land und Leute. 2. Die Wirren 1900 /1901; 3. Erzählendes und Anderes von und aus China.
Berlin, Deutsche Kriegerbund-Buchhandlung, Hans Natge, (1901). XXXIX, 548, 444, 462, Spalten (zweispaltig) m. 30 farbigen Kunstblättern, 1 Gedenkblatt, 716 Textillustrationen (tlw. farb.) und 2 Karten. gr4° (25 x 32 cm) OLn. m. farb. Deckelill. (Abb.) Gelber Schnitt mit Ornament

Der dritte Teil beginnt mit der Erzählung "Et in terra pax" von Karl May (284 Spalten mit Farbabb.)

So liest man nun - auch in diesem Prachtwerk - seit über 100 Jahren vom respektvollen Umgang von Kulturen und Religionen wie auch von Wegen, Hass, Ignoranz und Arroganz abzubauen. Das war sehr mutig von Karl May und zeigt, dass es sehr wohl Wege gibt, seine Stimme zu erheben, auch in einem Umfeld, das anders denkt und handelt. [...] «
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Van der Leyens und Steinmeiers Botschaft auf der jüngsten Münchner Sicherheitskonferenz  lautete im Kern nicht viel anders als die von Kaiser Wilhelm ca. 120 Jahre vorher:

  • "Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option, weder aus sicherheitspolitischer noch aus humanitärer Sicht."
  • Wenn an Konfliktherden weltweit Hilfe gebraucht werde, dürfe die Bundesrepublik nicht abseits stehen.
  • "Wenn wir über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, dann haben wir auch eine Verantwortung, uns zu engagieren", rief von der Leyen in den Saal.
    Steinmeier bekräftigte die Bereitschaft Deutschlands
    zu einer stärkeren Rolle bei der Bewältigung von Krisen weltweit.
    • „Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren“, sagte er am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
    • Deutschland müsse bereit sein, sich außenpolitisch früher, entschiedener und substanzieller einzubringen.
    • Die Bundesregierung wolle und werde Impulsgeber für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik sein. Der Einsatz von Militär dürfe aber nur „ultima ratio“ sein, also letztes Mittel.
Siehe auch:
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P.S.: "Et in terra pax" erschien in der Karl May Reihe als Band 30: „Und Friede auf Erden“.


Dienstag, Februar 11, 2014

Präsident Gustav Heinemann - Präsident Joachim Gauck - Kaiser Wilhelm II. - "Wir ziehen in den Krieg." - Drei Reden, drei Akzente.



Screenshot Heute-Show 7.2.2014

Debatte Deutsche Militärpolitik

"Wir ziehen in den Krieg

Welche Ziele verfolgt die Regierung mit ihren Einsätzen?  ...

Alles begann damit, dass Bundespräsident Gauck tat, was nicht seines Amtes ist. Mit seinem Appell, Deutschland möge sich künftig militärisch stärker in Krisenregionen engagieren, definierte er die Richtlinien einer neuen deutschen Außenpolitik. Diese Einmischung ins Tagesgeschäft entspricht nicht seinem Verfassungsauftrag, aber das fiel bei all den Schlachtrufen gar nicht weiter auf. Schließlich sind der sozialdemokratische Außenminister und die christdemokratische Verteidigungsministerin ja ganz seiner Meinung. Was geht in ihnen vor?" Quelle 

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 I.
Die Rede von Bundespräsident Joachim Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2.2.2014 schlägt weiterhin hohe Wellen.

»Heute treiben uns neue Spannungen und neue Kriege um: zwischen Staaten und innerhalb von Staaten, in der Nähe und in der Ferne.  ... Kurzum: Ich möchte sprechen über die Rolle Deutschlands in der Welt. ... Deutschland ist überdurchschnittlich globalisiert und es profitiert deshalb überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung – einer Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden....  Die Kernfrage lautet doch: Hat Deutschland die neuen Gefahren und die Veränderung im Gefüge der internationalen Ordnung schon angemessen wahrgenommen? Reagiert es seinem Gewicht entsprechend? ... Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte zunächst niemand, nicht im Ausland und nicht im Inland, Interesse an einer starken internationalen Rolle Deutschlands. ... Und wenn wir überzeugende Gründe dafür gefunden haben, uns zusammen mit unseren Verbündeten auch militärisch zu engagieren, sind wir dann bereit, die Risiken fair mit ihnen zu teilen?..

Deutsche Soldaten in Afganistan. Im Kiniofilm Zwischen Welten

Die Bundesrepublik muss dabei auch bereit sein, mehr zu tun für jene Sicherheit, die ihr von anderen seit Jahrzehnten gewährt wurde.... Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein. Eines haben wir gerade in Afghanistan gelernt: Der Einsatz der Bundeswehr war notwendig, konnte aber nur ein Element einer Gesamtstrategie sein.... Aber wenn schließlich der äußerste Fall diskutiert wird – der Einsatz der Bundeswehr –, dann gilt: Deutschland darf weder aus Prinzip "nein" noch reflexhaft "ja" sagen....«

Van der Leyens Kernbotschaft lautete:
  • "Gleichgültigkeit ist für ein Land wie Deutschland keine Option, weder aus sicherheitspolitischer noch aus humanitärer Sicht."
  • Wenn an Konfliktherden weltweit Hilfe gebraucht werde, dürfe die Bundesrepublik nicht abseits stehen.
  • "Wenn wir über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, dann haben wir auch eine Verantwortung, uns zu engagieren", rief von der Leyen in den Saal.

    Steinmeier bekräftigte die Bereitschaft Deutschlands
    zu einer stärkeren Rolle bei der Bewältigung von Krisen weltweit.
    • „Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren“, sagte er am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
    • Deutschland müsse bereit sein, sich außenpolitisch früher, entschiedener und substanzieller einzubringen.
    • Die Bundesregierung wolle und werde Impulsgeber für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik sein. Der Einsatz von Militär dürfe aber nur „ultima ratio“ sein, also letztes Mittel.
    Siehe auch:
    > Die Antwort der Friedensbewegung

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Gustav Heinemann bei seinem Amtsantritt 1.7.1969
II.
Einer seiner Vorgänger als  Bundespräsident hielt eine vielbeachteteRede, die in weiten Teilen konträr zur Rede des aktuellen Bundespräsidenten steht.

In his inaugural speech, newly elected federal president Gustav Heinemann declares peace a top political priority and appeals to the younger generation, in particular, to gradually effect positive social change. He warns listeners against the frivolous abuse of liberties, including the right to refuse military service.

»Meine Damen und Herren, ich trete das Amt in einer Zeit an, in der die
Welt in höchsten Widersprüchlichkeiten lebt. Der Mensch ist im Begriff, den Mond zu betreten, und hat doch immer noch diese Erde aus Krieg und Hunger und Unrecht nicht herausgeführt. Der Mensch will mündiger sein als je zuvor und weiß doch auf eine Fülle von Fragen keine Antwort. Unsicherheit und Resignation mischen sich mit der Hoffnung auf bessere Ordnungen. Wird solche Hoffnung endlich erfüllt werden? Das ist eine Frage an uns alle, zumal an uns hier, die wir kraft der uns erteilten Mandate Verantwortung für unsere Mitbürger tragen.

Ich sehe als erstes die Verpflichtung, dem Frieden zu dienen. Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr. (…)
Ich appelliere an die Verantwortung in den Blöcken und an die Mächte, ihre Zuversicht auf Sicherheit nicht im Wettlauf der Rüstungen, sondern in der Begegnung zu gemeinsamer Abrüstung und
Rüstungsbegrenzung zu suchen. [Beifall] Abrüstung erfordert Vertrauen. Vertrauen kann nicht befohlen werden; und doch ist auch richtig, daß Vertrauen nur der erwirbt, der Vertrauen zu schenken bereit ist. Es gehört zu den vornehmsten Aufgaben unserer Politik, Vertrauen aufzuschließen. Dieser Aufgabe sind alle Machtmittel unterzuordnen -die zivilen und die militärischen. (…)

Wir werden erkennen müssen, daß die Freiheit des einzelnen nicht nur vor der Gewalt des Staates, sondern ebensosehr vor ökonomischer und gesellschaftlicher Macht geschützt werden muß. Der Einfluß der Verbände und ihrer Lobbyisten steht oft genug im Gegensatz zu unserer Ordnung, in der Privilegien von Rechts wegen abgeschafft sind, aber in der sozialen Wirklichkeit noch weiter bestehen. (…)

Es gibt schwierige Vaterländer. Eines davon ist Deutschland. Aber es ist unser Vaterland. Hier leben und arbeiten wir. Darum wollen wir unseren Beitrag für die eine Menschheit mit diesem und durch dieses unser Land leisten. In solchem Sinne grüße ich auch von dieser Stelle alle deutschen Bürger.« [Lebhafter Beifall]

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III.
Die sogenannte „Hunnenrede“ hielt Wilhelm II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven bei der Verabschiedung des deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstandes im Kaiserreich China:

»Große überseeische Aufgaben
sind es, die dem neu entstandenen Deutschen Reiche zugefallen sind, Aufgaben weit größer, als viele Meiner Landsleute es erwartet haben. ... Das Mittel, das ihm dies ermöglicht, ist unser Heer. ... In dreißigjähriger treuer Friedensarbeit ist es herangebildet worden nach den Grundsätzen Meines verewigten Großvaters. Auch ihr habt eure Ausbildung nach diesen Grundsätzen erhalten und sollt nun vor dem Feinde die Probe ablegen, ob sie sich bei euch bewährt haben. ... Eine große Aufgabe harrt eurer: ihr sollt das schwere Unrecht, das geschehen ist, sühnen. Die Chinesen haben das Völkerrecht umgeworfen. ... Bewährt die alte preußische Tüchtigkeit, zeigt euch als Christen im freundlichen Ertragen von Leiden ... «

Die wohl bekanntesten offiziellen und inoffiziellen Zitate dieser Rede lauteten:

 „Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht!“
„Wie vor tausend Jahren die Hunnen ... sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in der Überlieferung gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise bestätigt werden, daß niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen Deutschen auch nur scheel anzusehen.
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Was zuvor geschah:

Schon 1897 hatte Kaiser Wilhelm die Ermordung von zwei Missionaren durch einen chinesischen Mob zum willkommenen Anlass genommen, deutsche Kriegsschiffe an die ostchinesische Küste in die Hafenstadt Tsingtau/Qingdao zu entsenden, um das Gebiet der Provinz Shantun/Shandong im Handstreich in Besitz zu nehmen: Der chinesische Hafenkommandant hatte an einen Freundschaftsbesuch geglaubt.

Das deutsche Kaiserreich wollte ohnehin einen Stützpunkt für seine Fernostflotte errichten. Reichskanzler Bülow war der Ansicht:
Deutschland hatte um 1900 seinen Platz an der Sonne gefunden, und diese deutsche Sonne sollte nun in die ganze Welt strahlen.
Deutsche Marine vor Chinas Ostküste
Und Deutschland war etwas spät dran: Andere Mächte hatten schon nach den beiden Opiumkriegen (zwischen 1839 und 1860) ihr Einflussgebiet für den "Freihandel" an den Küsten Chinas abgesteckt: Franzosen und Briten am südchinesischen Meer, Japaner und Russen im ostchinesischen. "Die fremden Teufel".

Franzosen, Briten, Japaner, Russen: Die "fremden Teufel".
(Deutschland fehlte noch)
1899 kommt es zu Übergriffen auf die Eisenbahntrassen, die von Deutschen in Shandong verlegt werden. Von Qingdao aus schicken die Deutschen eine Strafexpedition und lassenin einem Dorf Dutzende von Zivilisten töten. 


Deutsche Strafexpedition in Shandong 1899 - Spielfilmszene
Die stete Rechtfertigung für deutsche Übergriffe:
Wir sind in China, um Gutes zu tun, dem inferioren Orient die Zivilisation zu bringen. ("Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.") -
Das Massaker spielt den aufständischen "Faustkämpfern der gerechten Harmonie" oder "Faustkämpfern für Recht und Einigkeit" in die Hände, sie erhalten auf der Halbinsel Shandong regen Zulauf, auch von Frauen, den sog. "Roten Laternen". Von den europäischen Mächten werden die Aufständischen "Boxer" genannt.


Silvester 1899
wird in Peking der britische Missionar Sidney Brooks (von der Society for the Propagation of the Gospel) ermordet - für die Christen der 1. Märtyrer der Boxeraufstände. (Bisher waren nur chinesische Christen Opfer der Boxer geworden). Bei einem Treffen der Botschafter setzt sich der deutsche Botschafter Baron von Ketteler für ein hartes Durchgreifen ein, der amerikanische Botschafter stimmt ihm zu.  Der englische Botschafter Claude Mac Donald fordert die Westmächte auf, alle nationalen Rivalitäten ruhen zu lassen. Die chinesische Regierung beschließt, die Mörder zu finden, um die Botschafter zu besänftigen, die Boxer aber zu dulden, damit sie sich nicht - auch wegen anhaltender Dürre und Hunger - gegen die eigene Regierung wenden. Die neue Parole der Boxer: Unterstützt die Dynastie der Qing - Tod allen Ausländern. Sie tragen ihren Aufstand in die Städte, im Frühjahr 1900 häufen sich die Übergriffe auf chinesische Christen, der Preis für Messer verdoppelt sich, im Mai 1900 werden in einem Dorf 120 km von Peking entfernt - die auch wegen ihrer Privilegien verhassten - chinesische Christen erschlagen, französische Missionare übertreiben die Zahl der Getöteten,
die europäischen Botschafter fordern Truppen zu ihrem persönlichen Schutz an.
 850 Marinesoldaten aus 8 Nationen kommen mit Erlaubnis der Kaiserin-Witwe Cixi nach Peking und paradieren durch die Stadt: Eine öffentliche Demütigung für die Chinesen. Am 7. Juni 1900 entscheiden Hardliner am chinesischen Hof, die Boxer in die Stadt zu lassen.


Die Diplomaten fordern Verstärkung an. Eine internationale Flotte von 40 Kriegsschiffen unter britischem Kommando setzt 2000 Marine-Soldaten an Land,eine multinationale Streitmacht, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.


Am Freitag, 13. Juni 1900, verprügelt der deutsche Botschafter Baron Clemens von Ketteler einen der Boxer, als diese mit Messern vor der deutschen Botschaft aufgetaucht waren. Der Boxer wird verhaftet, der Kampf eskaliert: Chinesische Christen werden erschlagen, Geschäfte geplündert. Am 20. Juni wird Baron von Ketteler vom chinesischen Korporal En Hai nach einem Besuch im chinesischen Außenministerium auf der Straße erschossen. Kettelers Tod bildete den Anlass für verstärkte militärische Intervention durch ein gemeinsames Expeditionskorps aus Truppen mehrerer Großmächte in China:
Sechs europäische Staaten sowie die USA und Japan stellen ein zweites internationales Expeditionskorps für eine Intervention in China zusammen.
Kaiser Wilhelm II. hatte unverzüglich auf den Vorschlag einer gemeinsamen Militäraktion europäischer Staaten reagiert, weil sich in diesem Rahmen die verstärkte Rolle des Deutschen Reiches in der Weltpolitik demonstrieren ließ. 
Zu seiner Genugtuung konnte er erreichen, dass dem ehemaligen deutschen Generalstabschef Feldmarschall Alfred Graf von Waldersee der militärische Oberbefehl über dieses gemeinsame Expeditionsheer übertragen wurde. Bei der Verabschiedung eines Teils der deutschen Truppen am 27. Juli hielt Wilhelm II. seine berüchtigte Hunnenrede. (Siehe oben).

Am 15.8.1900 besetzten westliche Truppen die Verbotene Stadt in Peking. Der Aufstand ist beendet. China muss für Jahrzehnte Reparationen bezahlen. Der Kampf gegen die Ausländer ist gescheitert.


Deutscher Soldat in Peking 1901 nach getaner Arbeit

Deutsche Brauerei in Tsingtau/Qingdao (seit 1903)

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Freitag, Februar 07, 2014

Mission (in) China


Ende der 1960er Jahre soll eine Kopie dieses Gemäldes von Liu Chunhua (* 1944) unter dem Titel
Junger chinesischer Missionar

ein paar Monate lang im Vatikan gehangen haben.
Dann stellte sich heraus, dass der Mann mit der apostolischen Ausstrahlung und der Schriftrolle unterm Arm keineswegs einen jungen chinesischen Missionar darstellte, sondern den Vorsitzenden Mao. Es trägt den Titel "Chaiman Mao goes to Anyuan", das Original-Gemälde wurde zum ersten Mal im Oktober 1967 im Pekinger Revolutions-Museum ausgestellt und stellt den jungen Mao dar auf dem Weg zur Kohlenmine von Anyuan, wo er im Jahre 1921 einen Streik der Bergarbeiter angeführt haben soll. Die Reproduktion soll anschließend mehr als 900 Millionen mal nachgedruckt worden sein.
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Beantworten Sie zunächst die 3 Fragen (oder versuchen es zumindest):
  1. Welche Religion hatte der "Vater der Chinesischen Revolution"?
  2. Nennen Sie drei berühmte protestantische Chinesische Staatsmänner.
  3. Welche Religion hatte der selbsternannte chinesische "Himmlische König" Hong Xiuquan?
Zu 1:  
Welche Religion hatte der "Vater der Chinesischen Revolution"?

Sun Wen (1866-1925), im Westen besser bekannt als Sun Yat-sen, in China als Sun Zhongshan, wird in beiden Chinas als Führer der Revolution von 1911 und "Vater der Republik" (guofu) verehrt. Er wude nach der Revolution von 1911 am 29.12.1911 in Nanjing zum ersten (provisorischen) Präsidenten der Republik China gewählt; damit endete das 2000-jährige Kaiserreich China.

Sun Yat-sen war evangelischer Methodist.
Am Silvesterabend 1924 war Sun Yat-sen in Peking plötzlich zusammengebrochen. Freunde brachten ihn in das Union Medical College, eine Einrichtung der Rockefeller-Stiftung, deren ausländische Ärzte schnell feststellten, dass der "Vater der chinesischen Revolution" an Leberkrebs erkrankt und an eine Operation nicht mehr zu denken war.

Als er am Donnerstag, 12.3.1925 fühlt, dass er wegen seiner Krebserkrankung nicht mehr lange zu leben hat, lässt er den Prediger der Pekinger Methodistengemeinde zu sich rufen. -  Seinen Schwager, Dr. Kung, bittet er: "Erzähle allen meinen christlichen Freunden, dass ich als Christ gestorben bin". Dr. Kung, ebenfalls Christ, verspricht es, obwohl er fest entschlossen ist, das Versprechen nicht zu erfüllen:
Cartoon „Imperialismus“,
von Henry Meyer (1844-1899),
Supplement "Le Petit Journal",
16. Januar 1898
(also etwa z.Zt. des Boxer-Aufstandes)
Von der chinesischen Bevölkerung bekennt sich noch nicht einmal 1% zum Christentum, dem noch immer das Odium der beiden Opiumkriege und des Taiping-Aufstandes (siehe unten zu Nr.3) anhängen. Durch den Opiumkrieg wurde China vom christlichen England zur Öffnung seiner Märkte gezwungen und zur Legalisierung des Opiumhandels. Die christlichen Mächte England, Frankreich, Russland und die USA durften erstmals in China Botschaften eröffnen. Christen bekamen das Recht, land zu erwerben und zu missionieren. Die Opiumkriege  (1839-1842 und 1856-1860) leiteten den Niedergang Chinas von der einst unumschränkten Hegemonialmacht Asiens zu einer informellen Kolonie westlicher Mächte ein, die China bis zur Wende 1949, der Gründung der VR China,  ein Jahrhundert lang bleiben sollte. Das Jahrhundert der Schande unter den weißen christlichen Teufeln begann

Sun Yat-sen fällt am Abend des 12.3.1925 in eine wohltätige Ohnmacht und entschläft in der Nacht im Alter von 59 Jahren. Zuvor hatte er angeblich noch gestammelt: "Gott hat mich für mein Volk gesandt, das Böse zu bekämpfen. Jesus Christus war ein Revolutionär, ich auch...".
Der Schwager Dr. Kung wagt aus den o.g. Gründen nicht, für den Führer des chinesischen Volkes ein christliches Begräbnis anzusetzen. Nach einer Feier im engsten Familienkreise und unter Teilnahme des Methodistenpredigers werden die öffentlichen Beisetzungsfeierlichkeiten in konfuzianischer Form vorgenommen.
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Zu 2:
Drei berühmte protestantische Chinesische Staatsmänner

Sun Yat-sen
und Chiang Kai-shek 1924
Den ersten hatten wir gerade: Dr. med. Sun Yat-sen, "Vater der Republik" oder "Vater der chinesischen Revolution". Dr. Sun sitzt auf diesem Gemälde im Vordergrund auf dem Stuhl, während hinter ihm der junge Chiang Kai-shek steht, geboren 1887, 21 Jahre jünger als Sun Yat-sen,  und gerade (1924) von Sun zum Kommandeur der Kriegsakademie in Whampoa ernannt.  Nach dem Tod von Sun Yat-sen übernahm Chiang 1925 die Kontrolle über die Kuomintang, Suns Partei. - Chiang Kai-shek war ebenfalls methodistischer Christ.

Am 10.10. 1928, am 17. Jahrestag des Ausbruchs der Revolution von 1911, wird Chiang Kai-shek in Peking zum Präsidenten der Chinesischen National-Regierung gewählt. England, die USA und Frankreich erkennen seine Regierung an. Man will ihn auch deshalb stützen, weil er die Kommunisten bekämpft. Darin ist er zuverlässiger als es Dr. Sun Yats-sen war.
Chiang war später mehrmals, sowohl auf dem Festland als auch später auf Taiwan, Präsident der Republik China. Nach der Niederlage gegen Maos Kommunisten im chinesichen Bürgerkrieg (1945-1949) proklamierte Chiang Ende 1949 auf Taiwan (Formosa) die provisorische Regierung von Nationalchina. Er regierte teilweise diktatorisch und erhob bis zu seinem Tod 1975 mit US-Unterstützung Anspruch auf ganz China. -

Verheiratet war er mit Meiling Song - "Sie liebte die Macht"- , die  aus der chinesischen Oberschicht stammte und das vierte von sechs Kindern des methodistischen Missionars und Medien-Zaren Charles Jones Soong war. (Ihre ältere Schwester Qingling Song - "Sie liebte China" - war mit Sun Yat-sen verheiratet.)
Die Familie Song gehörte zu den "Vier Familien" der Songs, Kungs, Chengs und Chiangs, die zu den korruptesten zählten, die die damalige Welt kannte. Die Machenschaften der untereinander verschwägerten "Vier Großen Familien" erregten im Volk große Abscheu und die Sehnsucht nach einem neuen "Vater", nach einem neuen "Himmelssohn", der für alle da und für alle verantwortlich wäre. - Dieser Wunsch manifestierte sich später im Kult um Mao Zedong.

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Zu 3:
Welche Religion hatte der selbsternannte chinesische "Himmlische König" Hong Xiuquan?

Sie werden es schon ahnen: Auch er war evangelisch-methodistisch.
Hong Xiuquan / Hung Hsiu-ch’üan
Hong Xiuquan (1814-1864) war Anführer des sog. Taiping-Aufstandes. Der Taiping-Aufstand (1851–1864) ist einer der blutigsten Konflikte der Weltgeschichte. Es war ein Aufstand gegen die letzte Kaiser-Dynastie Chinas, die (mandschurische) Qing-Dynastie, die von 1644-1911 in China herrschte.

Dass dieser Bürgerkrieg, der als Taiping-Aufstand in die Weltgeschichte einging und rund 30 Millionen ChinesInnen das Leben kostete, so furchtbare Ausmaße annehmen konnte, lag nicht zuletzt an der Tätigkeit der europäischen Agenten, die ein Interesse daran hatten, die Gegensätze innerhalb Chinas zu schüren, um den Kuchen dann besser aufteilen zu können. Der Begriff "Weißer Teufel" bekam in jenen Jahren endgültig seinen bösartigen Sinn.

Der Aufstand begann harmlos.  In der Bibelstunde einer Missionsanstalt amerikanischer Methodisten in Ningpo
einer Stadt an der Ostküste Chinas, fiel eines Tages der Bauernjunge Hung Hsu-Tschüan / Hong Xiuquan, ein intelligenter Bursche, in Krämpfe. Er war opiumsüchtig, denn neuerdings breitete sich dieses Laster gerade unter der Jugend erschreckend aus (s.o.: Opiumkriege).

Pater Isaachar Roberts kannte den Jungen schon mehrere Jahre. Eines Tages war dieser Bauernbursche bei ihm erschienen und hatte um Aufnahme in die Missionsstation gebeten. Bei der Vorbereitung auf die Taufe kam Pater Roberts dahinter, dass Hong dreimal vergeblich versucht hatte, die kaiserliche Aufnahmeprüfung für die höhere Beamtenlaufbahn zu bestehen, das letzte Mal 1843.

Seitdem gab er sich ganz antikaiserlich und knüpfte an die Tradition seiner Familie an, die seit Generationen gegen die Mandschu-Dynastie der Qing-Kaiser gekäpft hatte. Die Bibelsprüche behielt er zwar besser als alle anderen, doch der Missionar wollte ihn erst taufen, wenn er das Opiumrauchen aufgegeben habe. -

Hung verließ deshalb die Missionsanstalt,
fand Anhänger und gründete eine eigene christliche Religionsgemeinschaft, die "Gesellschaft zur Anbetung des Höchsten Herrn", deren schwärmerisch-utopische Ideen mit denen Thomas Münzers oder der Wiedertäufer-Bewegung in Deutschland um 1520 zu vergleichen waren.  -
1850 kehrte er in die Krankenstation der Mission zurück, eine Entziehungskur war dringend notwendig, und Father Roberts und Reverend Hanburry nahmen sich seiner an. Dann kam es zu dem o.g. Zwischenfall in der Bibelstunde kurz vor Pfingsten 1850.

Mit Schaum vor dem Mund erzählte er von seinen Visionen. 
"Er redet mit Heiligen Zungen!" rief Vater Roberts, hob dankbar die Hände, dass Gott ausgerechnet in der Bibelstunde der methodistischen Missionsanstalt von Ningpo einen Chinesen vom Heiligen Geist erfassen ließ, wie weiland die Jünger Jesu am Pfingstfest des Jahres 33. Zwar fehlten noch 2 Tage, aber der "Heilige Geist" war eben etwas früher gekommen.

Nachdem der Schlußchoral verklungen war, drängten die meisten der Besucher zum Ausgang, um in die Stadt zu eilen und den Einwohnern von Ningpo zu berichten, was der mit »Heiligen Zungen« redende Hong für Visionen hatte:
»... Ein Drache, ein Tiger und ein Huhn sind mir erschienen .. . Dazu Menschen, viele Menschen ... Sie hoben mich in eine Sänfte und trugen mich in einen Palast . . . Sie öffneten meinen Leib, nahmen Herz und Leber heraus und setzten neue Organe ein . Die Wunde schloß sich ohne Narben ...«

Aber der Kranke war mit seinen »Offenbarungen« noch nicht zu Ende; Krämpfe und Halluzinationen als Folge übermäßigen Opium­genusses gehen nicht so schnell vorüber. Vor dem, was er noch zu hören bekam, erbebte Roberts.
»Ich bin Gottes Sohn ... ich bin der jüngere Bruder von Jesus Christus«, stöhnte Hung. »Ich war schon einmal auf der Welt . . . Ich bin der Nachkomme eines Kaisers der Sung-Dynastie... Ich bin im Kampf gegen die Mandschus gefallen . . . Ich habe die Mis­sion, die Mandschus vom Thron zu stürzen ... Ich werde sie und ihre rothaarigen Freunde aus dem Land vertreiben . . . Ich bin Gottes Sohn . . .«
Für viele erwies sich dieses »Wunder« Hong übrigens als recht lukra­tiv! Die von Reverend Hanbury als neuer »Bibelabschnitt« verfaßte und reichlich stilisierte Biographie Hongs einschließlich seiner Opiumvisionen fand in den USA und in England reißenden Absatz. Sie wurde in alle Spra­chen der Welt übersetzt und brachte fünfstellige Dollarhonorare ...

Die Kunde, in der Missionsanstalt der Methodisten
rede ein Chinese vom Stamme der Hakka plötzlich in »Heiligen Zungen«, ging wie ein Lauffeuer durch die Stadt Ningpo. Zu Hunderten strömten die Einwoh­ner zum Missionshaus, denn keine der zahlreichen Religionsgemein­schaften, die in der Provinz Fukien (Fujian) Stationen unterhielten, konnte bisher mit so etwas aufwarten.
Jeder wollte mit eigenen Augen sehen und mit eigenen Ohren hören, was Gott durch einen Chinesen verkündete.
Hung hatte nun aufnahmebereite Zuhörer vor sich, denen er seine Lehren und Ziele ins Herz pflanzen konnte. Er geriet in einen Rausch­zustand und phantasierte, diesmal in chinesischer Sprache, vom »Heili­gen Geist«, der ihn auserwählt habe, das »Reich der blumigen Mitte« (China) von den Mandschu-Kaisern und allen anderen fremden Teufeln zu befreien, womit vornehmlich die mandschurischen Beamten gemeint waren. Auch selbstverfaßte Sprüche rezitierte er, als seien es Worte von chinesischen Klassikern:
Nimm Himmel und Erde in die Hand,
töte
die Feinde der Autorität!
Tod dem übel!
Es lebe die Wahrheit,
frei sei das Volk!
Zum Schluß versprach Hong:
»Ich werde das Reich des großen Friedens aufrichten, im Namen meines älteren Bruders Jesus Christus!«

Der Verkünder der neuen Heilslehre wußte sehr wohl, daß seine Auf­forderung zum Sturze der Mandschus auf bereiten Boden fallen würde. Noch immer empfanden viele Chinesen die seit 200 Jahren herrschen­den Mandschus als fremde Eindringlinge auf ihrem Kaiserthron.

Als jemand eines Tages sagte, in den Speichern am Hafen lägen Waf­fen, wälzten sich ohne besonderen Anlaß die Menschenmassen dorthin und stürmten die Lagerhäuser, die tatsächlich mit modernen Gewehren und Munition vollgestopft waren.
Von europäischen Waffenhändlern an Land geschmuggelt, warteten sie auf den Abtransport in die Provinz Szetschuan, deren überwiegend mohammedanische Bevölkerung seit längerer Zeit gegen Peking rebellierte.

Die Besitzer der von den Chinesen bei dem Sturm auf die Lagerhäuser erbeuteten Waffen, vornehmlich englische Händler, sahen ihren Profit gefährdet. Aber Verhandlungen mit dem Rebellenführer Hong zeig­ten, daß man mit ihm ins Geschäft kommen konnte. Die Taipings brauchten möglichst schnell zusätzliche Waffen, die sie auch »angemessen« be­zahlen wollten. Nach einer weiteren Lieferung der modernen, noch keine zehn Jahre im Handel befindlichen Zündnadel-Gewehre, breitete sich der Aufstand im Jahre 1852 schnell auf die gesamte Provinz Tschekiang aus.

Nan­king/Nanjing fiel den Taipings am 19. März 1853 in die Hände. Eine Regierung wurde gebildet. Hong, der sich zum »Himmelssohn« hatte ausrufen las­sen, residierte im Kaiserpalast der Ming-Dynastie. 
Nanjing wurde Hauptstadt des Himmlischen Königreichs und als solche in Tianjing (Himmlische Hauptstadt) umbenannt. Da Hong Xiuquan der Gouverneurspalast nicht groß genug erschien, ließ er ihn abreißen und eine neue „Verbotene Stadt“ von fünf Kilometern Durchmesser errichten.
Die Armee komman­dierte ein von den USA importierter General Burlingame, von Beruf Rechtsanwalt. Persönlich ein rechtlich denkender Mensch, sorgte er da­für, daß Hung allen Zahlungsverpflichtungen prompt nachkommen konnte. Seine Soldaten waren allerdings alles andere als korrekt. Sie plünderten, raubten und mordeten, fast so wie die Landsknechte des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland.

In den großen europäischen Handelshäusern in Indien, Singapur und London begriff man schnell, daß an den Waffenlieferungen für die Tai­pings gut zu verdienen war. Viele dieser hochgeborenen Herren stellten sich jedoch schon nach kurzer Zeit gegen die Taiping-Rebellen. Der Grund für diesen Mei­nungswandel war nicht das ausschweifende Leben des ehemaligen Bauernburschen Hong, der sich »Himmelskönig« nannte, inzwischen über drei Provinzen herrschte, und sich sechs Konkubinen hielt, sondern seine Parolen und Dekrete.

So verlangte er, beispielsweise, das Wort von Konfuzius:
»Das Be­schreiten des Großen Weges: der gemeinsame Besitz der Erde . . . ist wirkliche Eintracht«,
müsse in die Tat umgesetzt werden. Dieser »Kom­munismus« (Karl Marx bezeichnete später die Forderungen der Taipings als »chinesischen Sozialismus«) beunruhigte die Engländer sehr. Wenn dieser Hong die Gleichberechtigung Chinas forderte, weil »alle Men­schen Brüder« seien, so fanden sie das höchst befremdlich. Man fühlte sich als Europäer diesen »Gelben« weit überlegen.

Die Bekehrungswelle zum christlichen Glauben, die durch Hong eingesetzt hatte, sah man mit sehr realistischen Augen. Während roman­tische Seelen in Europa den »Himmelskönig« bereits den »chinesischen Konstantin« nannten, in Erinnerung an jenen Kaiser Konstantin, der das Römische Reich christianisiert hatte, sah man in China, wie wenig christlich, ja oft geradezu bestialisch sich die bewaffneten Rebellen be­trugen.  Am ärgerlichsten fanden die englischen Kaufleute Hongs striktes Verbot von Tabak, Alkohol und Opium. Für die Freiheit des Handels (vor allem mit Opium) hatte England Krieg geführt, und nun wollten diese Eiferer und Phantasten mit ihren sozialen Utopien und sektiereri­schen Forderungen das beste Geschäft ruinieren!

In London zögerte Seine Lordschaft, der Premierminister, nicht, die nötigen Schritte einzuleiten. Englische Kaufleute begannen, auch die andere Seite mit Waffen zu beliefern: die Regierung der Mandschu-Kai­ser in Peking, die Todfeinde der »christlichen« Rebellen. Das Geschäft lohnte sich von Monat zu Monat mehr: beide Seiten erhielten Zuzug aus der Bevölkerung, und das steigerte natürlich den Bedarf an Waffen ganz ungemein. Die Armee der Taiping-Rebellen beispielsweise erreichte die Stärke von einer Million Mann. Für die kaiserliche Zentralregierung in Peking setzten sich die »Ta Tao Hui« ein, die »Mit nackten Fäusten sich Empörenden« (oder Weh­renden), aber nicht, weil sie für die Mandschu-Dynastie waren, sondern weil die Untaten der »christlichen« Taiping-Rebellen unter der still­schweigenden Duldung Hungs unvorstellbare Ausmaße angenommen hatten. Kein Regime, nicht einmal Dschingis Khan, beging in China je­mals solche Grausamkeiten.

"Ausländische Teufel"

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Die fremden Teufel nennen sich Christen.
Ihre Priester verkünden die Sittenlehre eines Buddha namens Jesus. Dessen höchste Tugend heißt Liebe. Nach Konfuzius ist die Liebe nur eine der kleineren Tugenden. Die Liebe lebt als Naturgabe in jedem menschlichen Herzen, sie braucht also nicht als Moral ... zu einer besonders sittlichen Erkenntnis ... erzogen zu werden. Aber wenn die Liebe trotzdem die gleiche Geisteskraft wie die moralischen Tugendgesetze besitzt, warum benehmen sich dann die Fremden hier im Lande wie die Teufel?
(Plakat der »Ta Tao Hui« vom Jahre 1854, übersetzt nach dem englischen Text. Das Original hängt mit roten Schriftzeichen auf gelbem Reispapier gedruckt im Museum in Schanghai.)
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Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Taiping-Aufstand:
"Die Rückeroberung durch Truppen der Qing-Dynastie erfolgte am 19. Juli 1864.
100.000 verbleibende Taiping begingen Selbstmord. Hong Xiuquan wurde einige Tage nach der Eroberung Nanjings in einem Abfluss tot aufgefunden. Eingewickelt in ein gelbes Tuch hatte er sich vergiftet."

Und nun kann man vielleicht verstehen, warum Dr. Kung, Schwager von Sun Yats-sen, diesen auch im Jahre 1925 nicht öffentlich christlich beisetzen lassen wollte...
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Christliche Missionare in China

Nestorianische Stele im Stelenwald-Museum in Xian.
Knapp 3m hoch und fast 1m breit.
Der erste christliche Missionar der China erreicht hat, soll Alope gewesen sein, ein syrisch sprechender christlicher Perser der Ost-Kirche (Nestorianer).


So ist es zumindest auf einer Steinplatte dokumentiert, die aus dem 8. Jahrhundert stammt und auf der berichtet wird, dass Alope mit anderen christlichen Missionaren im Jahre 635 in der alten Kaiserstadt Chang`an (heute: Xian) eingetroffen sei und vom Kaiser Taizong/ Li Shimin aus der Tang-Dynastie anerkannt worden sei.
(Nestorius, Patriarch von Konstantinopel, hatte um 400 gelehrt, dass Jesus Christus eine menschliche und eine göttliche Natur habe, die unvermischt nebeneinander existieren würden. Auf dem Konzil von Ephesus (431) wurde diese Lehre als Ketzerei verurteilt und dessen Anhänger, die Nestorianer, wurden exkommuniziert und im Römischen Reich verfolgt. Daher flohen viele entlang der Seidenstraße Richtung Osten, - auch nach China. Seitdem gab es im Reich der Mitte ChristInnen und Kirchen.)


Ein neuer Fund könnte älter sein. Es ist ein eingraviertes Kreuz über einer Felsnische in der Nähe der ostchinesischen Stadt Luoyang. Wissenschaftler entdeckten es 2010 bei den Longmen-Grotten. Nach Angaben des katholischen Pressedienstes Ucanews (Bangkok), der die Untersuchungsergebnisse Mitte Januar 2014 bekannt machte, wird der Fundort in die Zeit zwischen 316 und 907 datiert. Vermutlich habe die Nische als Aufbewahrungsort für Asche und Gebeine von Christen gedient.

Im Jahre 845 
war es dann auf jeden Fall erst einmal wieder mit den Religionen vorbei, als der Kaiser und Daoist Wuzong/ Li Chan, ebenfalls noch aus der Tang-Dynastie, Christentum, Buddhismus und andere Religionen verbieten ließ. 986 berichtete ein Mönch seinem Patrarchen: Das Christenstum in China ist augelöscht.
Erst Ende des 13. Jahrhunderts in der Zeit der (mongolischen) Yuan-Dynastie spielte das nestorianische Christentum wieder eine Rolle in China, und auch 1298 kam mit dem franziskanischen Pater Johannes von Montecorvino auch der erste römisch-katholische Missionar nach China.  Der erste protestantische Missonar in China war der Schotte Robert Morrison, *1782, der 1807 über Macao nach Kanton/Guangzhou kam, chinesische Kleidung trug, den damals üblichen chinesisch-mongolischen Haarzopf trug und die Bibel ins Chinesiche übersetzte.


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Der sympathischste aller Missionare

machte sich 1899 auf den Weg nach China: Richard Wilhelm, *1873 in Tübingen, gest. 1930 in Stuttgart.  In seinem ganzen Leben taufte er keinen einzigen Chinesen. Er lehnte es schlicht und einfach ab:
"Ich bin der festen Überzeugung, wenn wir Unterschiede machen zwischen Christen und Heiden, so werden sich die Heuchler herandrängen und ehrliche Herzen sich abgestoßen fühlen. So habe ich denn niemand in China getauft. Es schien mir richtiger, sich auf das einfache Leben nach christlichen Grundsätzen zu beschränken, durch Schule und Hospital zu wirken, mit den Menschen zusammen zu leben und ihnen innerlich nahe zu kommen."

Richard Wilhelm war ab 1897 (evangelischer) Vikar in Bad Boll. Die dortige Begegnung mit dem Pfarrer und "Vater" der deutschen Religiösen Sozialisten Christoph Blumhardt, (der sich in seinen späten Jahren aus der engen Bindung mit der evangelischen Kirche löste und zu sozialen Fragen und der Sozialdemokratie hingezogen fühlte), wurde für Wilhelm lebensbestimmend. 1899 verlobte er sich mit Blumhardts Tochter Salome. Sie heirate er im Jahre 1900 in Shanghai, lernte chinesisch, ging dann weiter in die Provinz Shantun/Shandong. 1897 hatte Kaiser Wilhelm die Ermordung von zwei Missionaren durch Chinesen zum willkommenen Anlass genommen, deutsche Kriegsschiffe an die ostchinesische Küste in die Hafenstadt Tsingtau/Qingdao zu entsenden, um das Gebiet der Provinz Shantun/Shandong im Handstreich in Besitz zu nehmen; (der chinesische Hafenkommandant hatte an einen Freundschaftsbesuch geglaubt). - Die Provinz wurde zur deutschen Kolonie, beschönigend "Pachtgebiet" genannt. (Zur Geschichte Chinas um 1900 siehe auch > diesen Post).  In Tsingtau (Qingdao) gründete er eine Schule, in der auch chinesische Lehrer unterrichteten.

In der Mitte hinten: Richard Wilhelm
Er übersetzte und kommentierte Werke aus der chinesischen Geschichte und Philophie, wandte sich immer mehr von seiner Missionstätigkeit ab und beschäftigte sich mit der Sinologie. 1927 wurde er Professor für chinesische Geschichte und Philosophie in Frankfurt am Main.
Seine Frau und er sind in Bad Boll auf dem Blumhardt-Friedhof begraben.

Bild-Quelle: wikipedia
Ihren Grabstein schmückt eine Steinkugel, umgeben von den 8 Trigrammen des chinesischen I Ging.