Des einen Freud ist des anderen Leid.
"WIR können nicht wollen, dass eine rechtsradikale Partei in einem deutschen Landtag stärkste Partei wird." (Sagte der CDU-Kanzlerkandidat und Vorsitzende (leicht genervt) im Interview im Deutschlandfunk. - Wer ist WIR?
Keine Angst, dass die AFD stärkste Partei wird.
- Die ca. 25%, die i.d.R. die AFD in Sachsen-Anhalt wählen, werden sich freuen, wenn die AfD stärkste Partei im Landtag ist. -
In diesem Viertel der Wahlberechtigten befinden sich (auch zahlreiche) Menschen, die die AfD nicht wählen, obwohl sich waschechte "Rechtsradikale (Neo-Nazis)" in der AfD sind, sondern weil auch ebensolche in der AfD sind: Eine Oberbürgemeisterin aus den "neuen" Bundesländern schätzt, dass das in ihrer Stadt 60% von den 25% AfD-WählerInnen sind.
Dazu kommen Protest-WählerInnen, plus konservative WählerInnen, die früher CDU gewählt hatten, dann aber von Merkels liberalisierter CDU enttäuscht waren (z.B. wegen der Migrationspolitik im Jahre 2015, wegen der Coronamaßnahmen 2020/21; "Merkel muss weg" ...) plus Menschen, die Provokation und Konfrontation statt parlamentarische Aussöhnung und Kompromiss suchen ("Trump-Effekt").
Alice Weidel und Tino Chrupalla, die die die AfD in den Bundestagswahlkampf führen, werden sich wahrscheinlich auch freuen.
Der Hauptstadtkorrespondent des MDR meint übrigens:
Überraschen kann das Ergebnis der Urwahl für das AfD-Spitzenduo nicht. Alice Weidel und Tino Chrupalla waren die Favoriten. Interessant ist allerdings der Abstand zwischen den beiden Kandidatenpaaren, denn es erzählt viel über die Mehrheitsverhältnisse in der AfD. Fast drei Viertel votierten für Weidel/Chrupalla. Beide gelten zwar nicht als eindeutige Flügelleute, aber sie werden vom angeblich aufgelösten Flügel um Björn Höcke getragen.
Also wird sich wohl auch Herr Höcke freuen.
Die Brandmauer. Und wer freut sich wahrscheinlich nicht?
Alles, was "links" ist, (im weiteren Sinne), wird sich nicht freuen.
Doch auch Herr Laschet und "die"(?) CDU nicht, denn natürlich möchte die "christliche" Partei selber regieren und den Ton angeben, ihre Mandate und die Regierungs-Macht sichern.
Jedoch: Viele WählerInnen liefen ihr davon in Richtung AfD. -
Was könnte die CDU tun?
Sie könnte schimpfen über die Ossis, wie der Ostbeauftragte der Bundesregierung, CDU-Mann Marco Wanderwitz:
„Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“, sagte Wanderwitz in einem FAZ-Podcast.
Sie, die CDU, könnte nach der Landtagswahl auch mit der AfD koalieren. Aktuell "tut man das nicht", das gehört sich (noch?) nicht:
Es gibt die oft genannte Brandmauer zwischen den konservativen Parteien und den Rechtsextremen. Doch diese bröckelt. Einige CDU-lerInnen aus der mittleren Führungsetage denken hörbar über eine schwarz-blaubraune Koaltion nach. So hört man. Zum Beispiel die beiden Vize-Fraktionschefs der CDU-Fraktion im Landtag, die dazu auch eine neunseitige "Denkschrift" verfasst haben: Im Wortlaut.
Diese Brandmauer wurde nach dem 1. Weltkrieg auch in Italien von den konservativen Parteien gegenüber der "National-Faschistischen Partei" (PNF) der italienischen Faschisten beschworen.
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Respektabilität
Aber nur bis 1922.
Benito Mussolini war es gelungen, die Faschisten (so nannten sie sich selber) Fasci di combattimento
vor der Parlamentswahl am 15. Mai 1921 in einen bürgerlichen Wahlblock
zu integrieren. Der bürgerliche "nationale Block" umfasste alle Parteien
mit Ausnahme der Sozialisten, der Kommunisten und der
katholischen Volkspartei.
Für Mussolini persönlich bedeutete dieser
Erfolg den Eintritt in die von den alten Eliten definierte Zone der
„politischen Respektabilität“. Zusammen mit Mussolini, der bei den Wahlen an der Spitze
der Listen des nationalen Blocks in Mailand und Bologna platziert
worden war, zogen 34 weitere Faschisten in die Abgeordnetenkammer ein. Ab da war die PNF in einer Koalition mit konservativen Partein und Mussolini als Ministerpräsident an der italienischen Regierung beteiligt. Von 1926 bis 1943 war die PNF dann die diktatorische Staatspartei des faschistischen Italien. ...
Siehe auch:
Benito Amilcare Andrea Mussolini
Das Vorbild für Hitler ein Jahrzehnt später in Deutschland:
Repektabilität: Adolf Hitler mit dem ehemaligen Reichskanzler Franz von Papen im März 1933. |
Das Kabinett Hitler stellte anfangs im Wesentlichen eine Koalitionsregierung aus NSDAP und Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) dar, an der auch weitere nationalkonservative bis völkisch orientierte Politiker des rechten Rands beteiligt waren. Diese Koalition besaß im Reichstag keine Mehrheit. Erst die gewaltsame Verfolgung der Kommunisten mit Hilfe der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 und die Reichstagsneuwahlen vom 5. März 1933 änderten die Lage: NSDAP und DNVP verfügten nunmehr über eine Mehrheit, doch nach der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes am 24. März 1933 – das der Regierung auf vier Jahre diktatorische Vollmachten einräumte – wurde auch der konservative Koalitionspartner DNVP überflüssig und nach der Selbstauflösung traten deren Abgeordnete der NSDAP bei.
Auch die Deutschnationale Volkspartei hatte zuvor hoch und heilig versprochen, niemals mit der NSDAP zu koalieren oder zu kooperieren.
Quelle: tageszeitung 26. Mai 2021) |
Und die "Linke" (im weiteren Sinne): Hat Angst und hofft.
- "Unsere große Angst ist, dass die AfD stärkste Partei wird, auch weil die CDU schwächelt".
- "Ich hoffe ganz fest, dass das nicht passieren wird und die CDU weiterhin zu ihren klaren Beschlüssen steht."
Sagt man, wenn jemand auch in schwierigen oder sich verschlechternden Situationen nicht aufhört, an den positiven Ausgang oder die positive Wendung einer Sache zu glauben.
Die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht ist der Ansicht, „Lifestyle-Linke“ bereiten Sozialabbau und Rechtspopulismus den Weg. Ein Interview.