Mittwoch, November 23, 2011

Sozialstaat? - Könnten wir, aber wollen wir nicht.

 
Nach den Parlamentswahlen im November 2011 schreibt die Süddeutsche Zeitung: "Die Spanier haben die abgewählt, die gespart haben - um die zu wählen, die noch mehr sparen werden. Das Ergebnis der Parlamentswahl von Sonntag wirft auf den ersten Blick die Frage auf, ob 45 Prozent der spanischen Wähler politische Masochisten sind...". 

Die konservative Partido Popular (PP), die in Deutschland vielleicht vergleichbar ist mit CDU/CSU/FDP, hat die Wahlen mit 44,6% der Wählerstimmen gewonnen, das entspricht 30% der Wahlberechtigten, (die Wahlbeteiligung lag bei 72%). Die Sozialistische Arbeiterpartei Spaniens (PSOE) hat die Regierungsmehrheit verloren, sie bekam nur noch 28,7% der Wählerstimmen.

Der klare Sieg der rechtsgerichteten Volkspartei (PP) ist keineswegs das Ergebnis eines überwältigenden Meinungsumschwungs oder eines Rechtsrucks in Spanien.  Die konservative Volkspartei Partei hat zwar die absolute Mehrheit im Parlament gewonnen, aber nur 30% der Wahlberechtigten haben für sie gestimmt. Insgesamt hat die konservative PP nur mäßig Stimmen dazu bekommen: Bei gut 34 Millionen Wahlberechtigten hat die konservative PP 560.000 Stimmen dazu gewonnen, das entspricht 1,6% der Wahlberechtigten. - Die Vereinigte Linke (IU)  hat z. B. mehr dazugewonnen - 710 000 Stimmen -  aber niemand spricht von einem Linksruck (was allerdings auch nicht angemessen wäre).  . 
Das Problem: Die WählerInnen sind der regierenden Sozialistischen Arbeiterpartei davon gelaufen bzw. zuhause geblieben, obwohl zu erwarten ist, dass die PP den Sparkurs weiter verschärfen und den Sozialstaat weiter abbauen wird:
"Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten...". Siehe: Parlamentswahlen in Spanien 2011: Wie eine "absolute Mehrheit" gemacht wird.


Die spanische Ökonomie-Professorin Estrada sagt dazu: 
Der wirtschaftspolitische Diskurs der großen Parteien hat sich in den letzten Jahren völlig pervertiert. "Wir können uns das einfach nicht leisten", lautet die Begründung für die Kürzungen. Die Wähler glauben das. Dabei ist dies völlig falsch. Das Bruttoinlandsprodukt hat sich in den letzten 20 Jahren verfünffacht, bei einem Bevölkerungswachstum von nur 5 Prozent. Statt: "Wir können uns das nicht leisten", muss es heißen: "Wir wollen nicht teilen." Das eigentliche Problem ist die Steuerpolitik. In den letzten Jahren haben die Regierungen immer weniger Steuern erhoben. Nicht die Ausgaben sind zu hoch, die Einnahmen sind zu niedrig. [...] die neue Regierung wird keine Atempause eingeräumt bekommen. Das Geld kennt keine parteipolitischen Farben. Wenn die Märkte sich Gewinn versprechen, spekulieren sie weiter. Die Risikoaufschläge bei den Staatsanleihen sind ein gutes Geschäft. Sobald die Märkte eine Regierung unter Druck setzen können, um die Rentabilität der Anleihen zu steigern, tun sie das, egal ob die Regierung von der Linken oder der Rechten gestellt wird. Was wir in Europa erleben, sind waschechte Staatsstreiche der Märkte. Die Politik hat nichts mehr zu sagen.
Zitat-Quelle: taz




Siehe auch:

Über Sex, Banker im grauen Anzug, Psychologie, Macht und Schopenhauer.

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