Mittwoch, März 28, 2012

Syrien II: Von Aufstand, Irreführung und (Selbst-) Täuschungen


Im ersten Teil war die Rede von den Lügen über Massenvernichtungswaffen im Irak, mit denen die Präsidenten Bush Vater&Sohn und Außenminister Powell in den Irak-Kriegen agierten - und dass zumindest Colin Powell sich hinterher dafür schämte.

Präsident Bush: "The people of the United States and our friends and allies will not live at the mercy of an outlaw regime that threatens the peace with weapons of mass murder." -
Übersetzt: Die BürgerInnen der Vereinigten Staaten und und die mit uns befreundeten und alliierten Staaten werden nicht unter der Gnade eines Schurken-Regimes leben, das die Welt mit Massenvernichtungswaffen bedroht. - Gemeint war damals der Irak.

Professor Bill von Hippel, Chef der "School of Psychology - The University of Queensland",  glaubt nicht, dass Präsident Bush bewusst gelogen hat, sondern dass er (auch oder nur?)  sich selber in die Tasche gelogen habe ("self-deception"):

"Ich glaube, dass George Bush wirklich geglaubt hat, dass die Massenvernichtungswaffen dort waren. Und als sich herausstellte, dass da keine waren, konnte er sagen: Seht her, ich bin ebenso getäuscht worden wie ihr. – Und so ist er den drohenden negativen Konsequenzen entgangen, die hätten geschehen können wie einem Amtsenthebungsverfahren oder einer Wahlniederlage."

Siehe auch: Selbsttäuschung - Wie wir uns belügen und warum.

Aber ob Betrug und/oder Selbstbetrug spielt für die psychologische Forschung eine Rolle, nicht aber  für die Opfer der Kriege.

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Zurück nach Syrien. 
Was sagt uns das nun für die Lage in Syrien - auch auf die Gefahr hin, bei der Ferndiagnose zu scheitern? Und wie kann man der Wirklichkeit möglichst gerecht werden, ohne zu lügen, ohne sich täuschen zu lassen von den Lügen Anderer? 

Man sollte - wie das Jürgen Todenhöfer für sich in Anspruch nimmt - den YouTube-tube-Videos nicht einfach vertrauen, auch nicht auf "Sesselfurzer", "Ferndiagnostiker" und "syrische Exil-Pinocchios" hören:

"In den viereinhalb Wochen, die ich im Juni und November 2011 in den Hochburgen der syrischen Revolution verbracht habe, musste ich feststellen, dass über die Hälfte der Medienberichte, die ich überprüfte, falsch waren. Zwei [...] Beispiele:


  • Im November wurde nach westlichen Medienberichten das Hauptquartier der Baath-Partei in Damaskus durch Granatbeschuss „mutiger Rebellen“ schwer beschädigt. Meine Überprüfung vor Ort ergab jedoch, dass eine „Lärmbombe“, die aus einem Auto auf das Gebäude geworfen worden war, zwei Glasscheiben zersplittert hatte. [...] 
  • In der Nähe von Homs wurde ein Kleinbus mit dreizehn Alawiten von Rebellen gestoppt. Sie wurden einzeln durch Kopfschuss hingerichtet. Nur einer überlebte und konnte den Angriff schildern. Da die Rebellen die getöteten Alawiten sorgfältig gefilmt hatten, konnte man das Massaker am Abend im Fernsehen sehen – aber als Mordtat nicht der Rebellen, sondern der Assad-Truppen." 
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In der taz  kann man Interviews mit Menschen nachlesen, denen man eigentlich vertrauen können sollte: 
  • Berthold Meyer,ist Professor für Politikwissenschaft in Marburg und arbeitet für die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung,
  • Andreas Zumach kennt und vertraut man seit der Friedensbewegung der 1980er Jahre; er ist heute UNO-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf,
  • Dominic Johnson ist Ko-Leiter des Auslandsressorts der taz und zuständig für die Afrika-Berichterstattung.
  • Der französische Arzt Jacques Bérès hat in der Protesthochburg Homs in Syrien Verletzte behandelt. Der 71-jährige französische Arzt war einer der Mitbegründer von Ärzte ohne Grenzen - wie sollte man ihm nicht Vertrauen schenken?
  • Und Jürgen Todenhöfer setzt sich seit Jahrzehnten ohne ideologische Scheuklappen für die Menschen in Afghanistan sein, im letzten Jahrhundert als CDU-Politiker gegen die russischen Besatzer (damals hielt ich ihn noch für einen kalten Krieger ....)  - und heute als Ex-CDU-Politiker gegen die westlichen Besatzer.
  • Schließlich fehlen auch nicht Völkerrechtler wie der Hamburger Professor Reinhard Merkel, die alle Aufrufe zum Eingreifen letztlich als kriegstreiberisch begreifen
Auch wenn Todenhöfer manchmal recht eigensinnig und dickköpfig ist, so zähle ich ihn nicht mehr zu den Menschen, bei denen ich zunächst mal misstrauisch bin, wenn er sagt:

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"Eine derart gezielte Irreführung habe ich in den letzten Jahrzehnten auf meinen Reisen in die arabische Welt noch nie erlebt. Die Wahrheit ist im syrischen Krieg gründlich massakriert worden. [...]

Was ist Dichtung, was ist Wahrheit? Nach meiner Einschätzung sehen die Realitäten jedenfalls anders aus als das, was die Rebellen den Medien täglich zuspielen. Eine besondere Rolle spielt dabei eine abenteuerliche „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ in Coventry, nördlich von London. Sie besteht aus einer Person namens Rami Abdulrahman alias Osama Ali Suleiman und einer ehrenamtlichen Helferin. Osama betreibt [...]  eine winzige, äußerst wirksame Desinformationszentrale. [...] Selten hat ein einzelner Mann die Medien so erfolgreich manipuliert wie Rami Abdulrahman. Vielleicht mit Ausnahme jenes Exilirakers „Curveball“, der vor dem Irakkrieg behauptete, er könne beweisen, dass Saddam Hussein Biowaffen besitze.[...] Auf dieser brüchigen Informationsbasis diskutiert der Westen die Ereignisse in Syrien – und kommt logischerweise ständig zu falschen Schlüssen.

Anders als uns täglich eingehämmert wird, findet in Syrien kein klassischer Volksaufstand statt wie in Tunesien, Ägypten und Libyen, sondern eine komplizierte bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Anhängern Assads, bei der die USA, Katar und Saudi-Arabien kräftig mitmischen.
... Den Chaosstrategen des Westens geht es in erster Linie um die Schwächung des Iran, der ihnen durch den törichten Irakkrieg zu mächtig geworden ist. Mit Assad soll ein wichtiger Verbündeter des Iran weggeräumt werden. Das ist des Pudels Kern und sonst gar nichts. Solange Assad mit Iran verbündet bleibt, wird der Westen seinen Sturz betreiben. Selbst dann, wenn er in Syrien eine perfekte Westminster-Demokratie einführen würde.
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Versuchen Sie sich selber ein Bild zu mache -  so weit das möglich ist, wenn selbst der US-Außenminister log oder auf Lügen herein fiel (Vgl. Post Syrien I).

Und nicht zu vergessen:

Wie diese Grafik (wikipedia) zeigt, liegen die größten Rohölreserven im Nahen Osten. 

Venezuela soll zurzeit über die größten Ölreserven der Welt verfügen, nach eigenen Angaben Ölreserven in Höhe von 296,5 Milliarden Barrel (159 Liter ein Barrel).   
Der langjährige Spitzenreiter bei den Ölreserven, Saudi-Arabien, belegt zurzeit nur noch Rang zwei.   
Den 3. Platz der Weltölreserven belegt der Iran, auf Rang 4 landete das Nachbarland Irak.
Kuwait folgt mit Platz 5 
und auf Platz 6 folgen die Vereinigte Arabischen Emirate. Von den sieben Emiraten besitzt Abu Dhabi die meisten Reserven. 
Russland kommt auf 72,2 Milliarden Barrel an Ölreserven, 
Libyen verfügt über eine Reservekapazität von 44 Milliarden Barrel und liegt damit auf Platz 8.   
Kasachstan, eines der rohstoffreichsten Länder der Welt, hat Ölreserven von 39,8 Milliarden Barrel und kommt damit bei diesen Staaten auf Platz 9. 
In Nigeria, Platz 10, sind rund 37 Milliarden Barrel an Ölreserven zu finden, was knapp 3 Prozent der weltweiten Reserven entspricht. -

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·        Als Alternative wurde vor Kurzem eine klassische UN-Blauhelmtruppe ins Gespräch gebracht, die von der Türkei oder dem Libanon aus humanitäre Korridore zu schützen hätte. Eine solche Truppe müsste von beiden Seiten, also Assad und dem Syrischen Nationalrat, dazu eingeladen werden. Auch davon ist Syrien heute noch sehr weit entfernt. 
 Prof.  Berthold Meyer  

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