Mittwoch, August 08, 2012

Was lesen? - Von der Frankfurter Rundschau zum taz-Biedermeier


1977, als die Frankfurter Rundschau noch "links-liberal" war 

und Deutschland noch "sozial-liberal" regiert wurde - (1969-1974 unter Kanzler Willy Brandt, danach bis 1982 unter Helmut Schmidt schon etwas weniger sozial-liberal) -  sang der Singer-Songwriter (man sagte noch "Liedermacher") Franz Josef Degenhardt:

 "Wildledermantelmann":
Wildledermantelmann -
Elbsegler-Kappe und Haar knapp am Kragen,
kein Gramm zu-viel und Durchblickerbrille.
Frankfurter Rundschau und Aktenkoffer,
lächelt sozial-liberal und grüßt dich. 
Hallo, sagt er, Genosse, wie läuft‘s denn?
Junge, wir sind in die Jahre gekommen.
Floss auch viel Wasser den Fluss runter zu,
und die Verhältnisse sind auch nicht so.
Na, sagst du, so oder so oder so, mein Junge, und wie ist das Gefühl, wenn man so langsam, langsam, langsam driftet nach rechts?
Brandt & Scheel,  1972 Kanzler & Vizekanzler
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Inzwischen ist die Frankfurter Rundschau (FR) nicht mehr "links-liberal", ihre Auflage sank zudem dramatisch (auf ca. 75.000 Abos), die links-liberalen Männer mit der Durchblickerbrille sind inzwischen vielleicht zur Süddeutschen Zeitung (derzeit ca. 300.000 Abos) oder zur tageszeitung taz (ca. 45.000 Abos) abgewandert, die 1978, vor 34 Jahren, im Jahr nach dem Wildledermantelmann,  gegründet wurde.
Die taz gilt heute Vielen als "linke Zeitung".  Ist sie das (noch)?

In der FR, in gewisser Weise die nächste Konkurrentin der taz, stand zu lesen:
"Wochentags verdient die Zeitung [taz] solides Geld, doch die Leser altern, die harte Auflage aus Abo- und Einzelverkauf sinkt bei steigender E-Paper-Nachfrage. Zusammengerechnet liegt die Zahl bei 52.400 Exemplaren. ...
Als Chefin wollte Ines Pohl der taz ein linkeres Profil geben. Davon ist jedoch kaum etwas zu sehen. Nach drei Jahren unter ihrer Führung herrscht Uneinigkeit in der Redaktion über einen neuen Weg. Linker solle die linke Tageszeitung wieder werden und frecher. ... Manch tazler sagt, das Blatt verliere an Profil, sei bieder geworden, wolle gefallen statt anzuecken."
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Wenn man so manche Titelgeschichte der taz anschaut, wie zum Beispiel die von heute ... 


  • " ... Drei Wolfswelpen tapsen neugierig neben ihrer Mutter über einen Truppenübungsplatz in der Lüneburger Heide. ..."
  •  "OBAMAS FRISÖR Zariff schneidet auch einer tazlerin die Haare. Einfach so. "
 ... oder sich die Werbegeschenke anschaut (hochpreisiges Gerät für den eigenen Garten):

 
... dann fragt man sich, wieso manche Menschen glauben, die taz sei eine "linke" Zeitung.
Da denkt man doch eher an die Rückkehr des Biedermeier,   auch wenn der Sonntagsausflug anno 2012 sicher auf einem (hochpreisigen)  taz-Rad mit der sonntaz im Gepäck und dem eingetragenen Lebenspartner im Schlepptau stattfinden wird?  (Seit April 2009 erscheint die sonntaz in der Samstagsausgabe als Beilage.)

Der Sonntagsspaziergang aus dem Jahre 1841 vom Maler Carl Spitzweg, ein typischer Vertreter der Biedermeier-Epoche. Quelle: wikipedia

Vielleicht liegen manche Spitzen-Sozialdemokraten gar nicht so falsch mit ihrer Sicht:

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" sehen demnach führende Sozialdemokraten die Grünen eher als "Nischenpartei der Latte-macchiato-Bourgeoisie". - 

Und die taz als deren Zentral-Organ? Schauen wir mal, wie der Kampf zweier Linien ausgeht...

Beste Grüße
Ihr BLOGGER ( und taz-Genosse).

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