Dienstag, Februar 01, 2005

Wahl in Irak - weder frei noch fair noch demokratisch

"Die Welt hört die Stimme der Freiheit aus dem Zentrum des Mittleren Ostens", so Präsident Bush, der die Wahl im Irak Ende Januar 2005 als "durchschlagenden Erfolg" ansieht. - Auch die meisten Zeitungen schätzen die hohe Wahlbeteiligung als Zeichen gegen den (irakischen) Terror ein.


Immer wieder gerne lese ich die Kommentare von Karl Grobe zu den Ereignissen im Mittleren Osten:

"In einer Hinsicht ist das irakische Wahl-Experiment gelungen: Es hat stattgefunden. Doch die Wahlen waren weder frei noch fair noch demokratisch. Nicht frei, weil sie unter den Bedingungen des Ausnahmezustands und der Gewaltdrohung des Widerstands stattfanden. Nicht fair, weil die von der Besatzungsmacht handverlesenen Kandidaten nahezu ein Monopol auf die TV-Berichterstattung hatten. Nicht demokratisch, weil die Namen der meisten Bewerber den Wählern bis zuletzt verschwiegen wurden.

Den Mindestanforderungen, die internationale Beobachter für Neu-Demokratien aufgestellt haben, genügte der irakische Vorgang in keiner Weise. Für die Legitimierung der Besatzungs- und Transformationspolitik mögen sie knapp ausreichen; denn sie verletzten nicht die Interessen der Besatzungsmächte und der von ihnen bestallten Politiker. Nur insofern ist der Wahlgang gelungen.

Die Beteiligung lag, sofern man es schon bewerten konnte, in den kurdischen und schiitischen Gebieten höher als erwartet, erreichte aber in manchen sunnitischen Regionen kaum die Sichtbarkeitsgrenze. Die ethnischen Teilungen wurden bestätigt, so künstlich sie auch herbeigeführt worden sind. Diese Entwicklung bereitet die bittere Auseinandersetzung zwischen Bagdader und schiitischem Zentralismus gegen kurdischen dezentralistischen Föderalismus vor. Freude über das Votum der vielen Mutigen kann da nicht aufkommen."

FR 31.1.2005


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