Freitag, Juni 24, 2016

Brexit: "Hurra, diese Art EU geht unter" (?)

Ken Loach:


"Die Europäische Union ist ein neoliberales Projekt. Sie vertritt die Interessen der Großunternehmen, nicht die Interessen der normalen Bürger." 

"Viele denken", 
sagte er am Tag des Brexit-Referendums, 
"und ich eigentlich auch, 
dass die Europäische Union - wie sie heute existiert - nicht reformfähig ist. Man müsste eigentlich einen Neuanfang machen. - 

Wie verändert mal also etwas? Gehen und den Zusammenbruch der Europäischen Union provozieren? Oder bleiben und uns mit anderen linken Bewegungen in Europa verbinden? Es ist ein strategischen Spiel um ein völlig neues Europa."

Ken Loach hat für den Verbleib Englands in der EU gestimmt.
Warum?
"Möglicher Weise wird sich für die Armen die Sitution [noch weiter] verschlechtern, wenn wir die Europäische Union verlassen. Denn dann wird es hier eine rechte Regierung geben. Und wir werden
  • auch noch die letzten Regeln zum Arbeitsschutz verlieren.
  • Und sicherlich auch die Achtung der Menschenrechte."
[Quelle: 3sat Kulturzeit vom 23. Juni 2016]
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Hurra, diese EU geht unter?
Econ, Düsseldorf, 1990
Heute für 4 Euro zu haben.

Es war Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, der am Abend des Referendums die Mängel dieses Europas skizzierte:
  • massive soziale Ungleichheit, 
  • skrupellose Steuervermeidung, 
  • beschämende Jugendarbeitslosigkeit in manchen Ländern [...] 
Muss man sich also wundern, wenn ein Land aus der EU freiwillig ausscheiden und sein Heil in der Flucht sucht? 
Etwas Besseres als die(se) EU findest du allemal? 
  • Und manch ein Geostratege der Super- und Hegemonial-Mächte in den USA, in der VR China, in Russland wird sich auch freuen: Prima, wenn die EU zerfällt, haben wir schon eine Konkurrentin auf dem Globus weniger
  • Warum sollten wir es nicht mal mit Eurasien probieren? -
    Ok, geht nicht, da war immer England dabei... :
Von BillFromTheHill in der Wikipedia auf Deutsch, transfered from de.wikipedia by W like wiki. -
Eigenes Werk (Originaltext: Selbstgemacht aus File:Europa geografisch map de.png und File:Europe political map.png), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29583180
  • Auch mit lauter Nationalstaaten könnte man es mal wieder versuchen; die kamen vor 150 Jahren, im 19. Jahrhundert, groß in Mode, als die Industrialisierung die Menschen verunsicherte, die liberalen BürgerInnnen gegen gegen ihre Fürsten und Monarchen revolutionierten und auch die Kaiserin Sissi und ihr Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn irgendwie aus der Zeit gefallen schien... 
  • Ok, damals waren die Nationalstaaten wohl eher eine Idee der bürgerlichen Eliten, der Intelligenz, die glaubten, ihre liberalen Ideen (Verfassung, Rechtsstaat ...) in einem Nationalstaat besser durchsetzen zu können als unter der Herrschaft der verschwägerten und versippten Fürstenhäuser und Dynastien. - Das einfache Volk hatte wohl nicht die Idee des "Deutschland einig Vaterland", sondern eher: Bayer einig Vaterland, Baden einig Vaterland, Württemberg einig Vaterland ... . Heute stehen wohl ganz andere Interessen hinter der Idee des
    Nationalismus.
  • Geht vielleicht auch, Michel Houellebecqs Vision:
    Wenn sich Frankreich dem Islam unterwirft, weil  der dekadente Westen im Niedergang ist. In Michel Houellebecqs Roman "Unterwerfung" wird Frankreich von einem islamischen Präsidenten beherrscht. - Warum nicht gleich die ganze EU? Das war doch schon einmal ein goldener Traum: Im Sommer 711 begann die arabische Herrschaft in Spanien. Sie schuf eine Kultur, in der Muslime, Juden und Christen zueinander fanden.
    "Vor 1300 Jahren, überquerte der arabische Heerführer Musa ibn Tariq, mit seinen Truppen die Meerenge von Gibraltar.Von da an bis zur endgültigen Rückeroberung im Jahre 1492 war der Islam eine politisch, religiös, sozial und kulturell bestimmende Macht in diesem Teil Europas. Córdoba, die glanzvolle Hauptstadt eines unabhängigen Kalifenreiches, war im 10. Jahrhundert die mit weitem Abstand größte Stadt Europas. Für Deutschlands erste Dichterin, Roswitha von Gandersheim, war die Stadt »die berühmte Zierde des Erdkreises«. Und auch nach dem politisch-militärischen Zusammenbruch des Kalifats im 11. Jahrhundert, als al-Andalus in zahlreiche kleine Königreiche zerfiel, dauerten der kulturelle Glanz und die wirtschaftliche Macht des islamischen Spanien weiter fort."  ______________________________________________


Europawahlkampf 2014
"Eine Bürgerbewegung für Europa sein heißt aber natürlich nicht, blind und bedingungslos einfach dafür zu sein und alles zu verteidigen oder zu verklären. Ganz im Gegenteil.
Europa kritisieren gehört dazu. 
In Griechenland haben 48,9 Prozent der jungen Menschen keinen Job. Müssen immer die starken Geberländer ansagen, wo es langgeht? Braucht die Euro-Zone zwei Geschwindigkeiten? Brauchen wir ein Eurozonen-Parlament, das den europäischen Haushalt kontrolliert? Eine gesamteuropäische Arbeitslosenversicherung? Wie wird das demokratisch kontrolliert? Muss Griechenland solidarisch entschuldet werden? Warum wird bei Grexit oder Brexit zuerst gefragt, wie sich das Kapital verhalten würde, und nicht, was das für das Leben der Betroffenen bedeutet?
Europapolitik muss 28 Ländern nützen, nicht nur den großen Starken.  
Geben und Nehmen muss gerecht austariert sein. Die annähernd faire Verteilung der geflüchteten Menschen muss natürlich auch dazugehören. Freiwillig. Nicht das Erpressungspotential des Klubs der Nettozahler, sondern Solidarität ist die Kraftquelle Europas. 
Und natürlich braucht das Europäische Parlament mehr Macht. Am gescheitesten wäre, sich beim Kritisieren nicht gegenseitig Vorhaltungen zu machen, sondern jeweils bei sich selber anzufangen. Also, bitte: Die deutsche Regierung war die erste, die den Stabilitätspakt aufgeweicht hat. Dann ist Deutschland in diese halbhegemoniale Stellung hineingerutscht, hat den anderen seinen Willen aufgezwungen und sie vor vollendete Tatsachen gestellt, beim Atomausstieg, mit der Nord Stream Pipeline und in der Flüchtlingskrise. [...]
Insgesamt 42 Prozent der Menschen in der Europäischen Union sind für Europa. 
Sie sind sogar dafür, Europa zu einem Bundesstaat auszubauen.Die Umfragen sagen, dass in Italien die Zahl derer, die auf Europa setzen, am höchsten (76%) und in Großbritannien am niedrigsten ist (20%). [...]  [gekürzt] 
Quelle:
48 Seiten, Februar 2016, Ullstein-Verlag, 7 Euro
Proeuropäische Initiativen und Parteien:

http://restart-europe-now.eu/
http://www.restart-europe.eu/  

www.diem25.org (Democracy in Europe Movement 2025, DiEM25)  
www.europeanmovement.eu (European Movement International, EMI)
www.federalists.eu/de (Union Europäischer Föderalisten, UEF)
www.herrundspeer.de (Herr & Speer)
www.instituteofeurope.eu (Institute of Europe)
www.jef.de (Junge Europäische Föderalisten, JEF)
www.pleasedontgouk.com (#hugabrit)
www.richardcorbett.org.uk (Richard Corbett)
www.spinelligroup.eu (Spinelli-Gruppe)
www.wemove.eu/de (WeMove Europe — Wir bewegen Europa)
www.whoifnotus.eu (The Young European Collective)
www.federalistparty.eu (Europäische Föderalistische Partei, EFP)
www.newropeans.eu (Newropeans)
www.pepvorstand.wordpress.com (Proeuropäische Partei, PEP) ______________________________________________

 
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Und Ken Loach?
In "I, Daniel Blake" [Goldene Palme in Cannes 2016]
erzählt Loach von einem älteren Handwerker,
der nach einer Krankheit arbeitsunfähig ist -
von den Behörden aber kein Geld bekommt,
sondern sich stattdessen in einem aussichtslosen Kampf
gegen den Irrsinn der Ämter wiederfindet.

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