Sonntag, August 21, 2016

Es geht nicht Orient gegen Okzident und nicht Islam gegen Christentum. - clash of civilization

Warum nicht?
Weile der Liebe Gott (oder die Natur oder ...) die Arschlöcher (Pardon!) auf der Welt gleichmäßig verteilt hat. Man findet sie in jedem Land, in jeder Religion usw. - Und umgekehrt: Zu jeder Zeit und in jedem Land und in jeder Religion finden sich Versuche, Regeln für ein gutes und ethisches Zusammenleben der Menschen zu finden.
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Islam und Vielfalt
Frau Gümüsay ist mir persönlich nie begegnet, ich weiß nicht, was sie für ein Mensch ist. Aber ich weiß, dass ich ihre Artikel sehr gerne lese und dass sie zu den Themem Religion(en)/ Frauen/ Männer/ Feminismus/ Solidarität/ Auklärung ... viel und Gutes zu sagen hat.

Zum Beispiel:
"Seit einigen Jahren sprechen muslimische Frauenrechtlerinnen aus der Mitte der muslimischen Gemeinschaften vermehrt in der Öffentlichkeit und setzen sich zugleich für ihre innermuslimische (aber auch gesamtgesellschaftliche) Vielfalt ein – 
  • für die praktizierenden, 
  • die nicht praktizierenden, 
  • die Kopftuch tragenden, 
  • die Minirock tragenden, 
  • die kulturell lebenden, 
  • die gläubigen, 
  • die ehemals gläubigen, 
  • die fast gläubigen, 
  • die modischen, 
  • die akademischen, 
  • die beschwipsten, 
  • die nüchternen, 
  • die queeren, 
  • die straighten Musliminnen."
"Starke Frauen
und unkonventionelle Vorreiterinnen im Islam gibt es durchgehend seit der frühen islamischen Geschichte. Zwei Beispiele von Frauen um den Propheten Mohammed:
  • Khadidscha, die erste Person, die den Islam annahm, war eine erfolgreiche und selbstständige Geschäftsfrau, 15 Jahre älter als der Prophet und mit mehreren Kindern aus vorhergehenden Ehen.
  • Bild und Text-Quelle:
    taz vom 20.8.2016
  • Oder Umm Salama – sie ging als politisch weise, sich ihrer Position als Frau in der arabischen Gesellschaft des 6./7. Jahrhunderts bewusst und gleichzeitig dagegen ankämpfend in die – von Männern produzierten! – Annalen ein.
Bis heute gibt es inspirierende islamische Vordenkerinnen, die keine Kontroverse scheuen und den Islam als Grundlage dafür nutzen, patriarchale Strukturen zu hinterfragen und neu zu denken. Besonders die akademische Auseinandersetzung mit den religiösen Hauptschriften – dem Koran und den Hadithen – aus einer feministischen Hermeneutik heraus hat in den letzten Jahrzehnten die wohl wichtigsten und innovativsten Impulse innerhalb eines islamischtheologischen Rahmens hervorgebracht."

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Exkurs: Frauen in der katholischen Kirche

Quelle für Text und Screenshot
DIE WELT vom 2.8.2016 schrieb:

»Am Montag [1.8.2016] berichtete "Radio Vatikan", der Papst habe eine neue Gelehrtenkommission ins Leben gerufen. Sie soll untersuchen, welche Rolle weibliche Diakone in früheren Zeiten in der Kirche gespielt haben. Dass Franziskus die Frage nach Diakoninnen prüfen lassen will, hatte er bereits, völlig überraschend, im vergangenen Mai angekündigt;
[...] bevor Franziskus über die Einführungen von Diakoninnen nachdenkt, lässt er nun eben erst einmal Beispiele für Diakoninnen der Vergangenheit sammeln. Das Muster bewährt sich seit Jahrhunderten. Es hilft den Konservativen, sich mit dem Wandel anzufreunden, und den Reformern, ernst genommen zu werden. [...] Das Gremium ist mit hochrangigen Theologen besetzt. Aus dem deutschsprachigen Raum sind die Wiener Professorin Marianne Schlosser sowie Karl-Heinz Menke, emeritierter Professor der Uni Bonn, dabei. Leiter wird die Nummer 2 der Glaubenskongregation, der spanische Erzbischof Luis Ladaria

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Papst Franziskus lässt in seiner Kirchgeschichte suchen - Islamische Feministinnen suchen in ihrer Geschichte:



"Dies belegen neben den Arbeiten der
  • US-amerikanischen Theologin Amina Wadud
  • auch jene am Korantext von der
  • Amerikanerin Ayesha S. Chaudhry,
  • der türkischen Wissenschaftlerin Hidayet Şefkatli Tuksal
  • oder der Ägypterin Omaima Abou-Bakr,
  • der Aktivismus einer Hind Makki
  • oder die Arbeit an historischen Biografien weiblicher Muslime von Asmaa Sayeed.
Diesen Arbeiten ist gemein, dass sie nicht nur akademische Grundlagen formulieren, sondern immer auch muslimische Frauen in ihrer Identität als Musliminnen stärken.

Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Organisationen und Initiativen wie
  • das Aktionsbündnis muslimischer Frauen oder
  • das Zentrum für islamische Frauenforschung und Förderung.
Seit Jahren leisten diese Institutionen ebenso wie viele Frauen wichtige Arbeit auf akademischer und theologischer Ebene. Um nur einige zu nennen:
auf aktivistischer Ebene
Dabei sind sich keineswegs alle islamischen Feministinnen in allen Punkten einig."
[Quelle: a.a.O.]
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Exkurs: DIE BIBEL in gerechter Sprache

Bildquelle

Die Frauen und Männer, die bei der „Bibel in gerechter Sprache" Hand angelegt haben, wollten u.a. in der Übersetzung darauf achten, den Ton der Bibel weiblicher (und jüdischer) als in der Luther-Übersetzung, in der Zürcher Bibel oder in der katholischen Einheitsübersetzung klingen zu lassen.
Sie wollen auch die verborgenen, verzerrten, verlorenen Stimmen von Frauen in der Bibel selbst zu Gehör bringen - mit dem überlieferten Bibeltext und notfalls auch gegen ihn. [mehr dazu

Die Bibel in gerechter Sprache ist eine Übersetzung der biblischen Schriften aus den ursprünglichen Sprachen (griechisch und hebräisch) ins Deutsche. Sie wurde in den Jahren 2001 bis 2006 von 40 weiblichen und 12 männlichen Bibelwissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet und erschien offiziell zur Frankfurter Buchmesse 2006. Die Bibel in gerechter Sprache ist sowohl theologisch als auch sprachlich umstritten. Während sie einigen als sinnvolle Ergänzung der bisherigen Übersetzungen gilt, sehen viele andere – darunter der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – das Ergebnis sehr kritisch. [wikipedia

Mit anderen Worten: Auch die christlichen Frauen (und Männer) haben es mit diesem ihren Anliegen nicht leicht gehabt.
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Die muslimischen Frauen (und Männer) haben es jedoch noch schwerer.
Kübra Gümüsay [a.a.O.]

»Muslimische Communities in Deutschland und muslimische Frauen im Speziellen stehen in all ihren innerreligiösen Prozessen mit dem Rücken zur Wand.
Muslimische Frauenrechtlerinnen und Feministinnen – es gibt im Übrigen selbstverständlich auch Männer – sind es gewohnt, dass MuslimInnen, die eine patriarchale Auslegung des Islams aufrecht zu erhalten versuchen, das reiche historische Erbe an starken Frauen ausschweigen und Koranverse, die die Gerechtigkeit und Gleichheit unter den Geschlechtern feststellen, nur eingeschränkt gelten lassen wollen. [...]
Dabei kämpfen diese Frauen ohnehin an (mindestens) zwei Fronten:
  1. Innerhalb der Gemeinden gegen frauenfeindliche Auslegungen des Islam;
  2. in der Mehrheitsgesellschaft gegen die plumpe Narrative des patriarchalen, sexistischen und gewalttätigen Islam.
Auf beiden Seiten geht es darum zu beweisen, dass der Islam in seinen Grundzügen eine Basis für Gerechtigkeit aller Menschen bieten kann.
Ähnlich ist es bei christlichen Feministinnen.
Antje Schrupp, feministische Publizistin, sagt: „Hätten christliche Feministinnen unter dem gleichen öffentlichen Druck gestanden wie muslimische, wäre die ‚Bibel in gerechter Sprache‘ womöglich nie erschienen.“ «
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Das goldene Zeitalter des Islam

Der Zeitraum zwischen dem 8. und dem 13. Jahrhundert
wird gerne als das „goldene Zeitalter des Islam“ betrachtet.

Das war das Zeitalter des großen kulturellen Aufschwungs in der Philosophie, Naturwissenschaften, Baukunst, Medizin, Sprach- und Geschichtswissenschaften, der zu einer Blüte der Islamischen Welt führte. Genau in dieser kulturellen Blütezeit der islamischen Welt, liegen die Wurzeln des muslimischen Überlegenheitsgefühls gegenüber dem Westen, der sie mit Stolz erfüllt. Während den Kreuzzügen trafen die Kreuzfahrer auf eine Zivilisation, die ihnen weit überlegen war. Dann verschob sich das Gleichgewicht zu Gunsten der Europäer und die islamische Welt erstarrte in alten Traditionen, bis sie ab Mitte des 19. Jahrhunderts, mit einem überlegenen Westen konfrontiert wurden." [Quelle]

Am Rande: Das Schicksal der islamischen Kultur ist in diesem Punkt vergleichbar mit dem der chinesischen Kultur.
Auf dem Flipchart sieht man die Namen einiger islamischer (männlicher) Theologen, die in der islamischen Theologie das gleiche Schicksal erlitten haben wie die katholischen Befreiungs-Theologen in der katholischen Kirche. Der clash of civilisation und der clash of religions verläuft hier nicht zwischen diesen islamischen Theologen (aus Iran, Marokko, Arabien...) und den christlichen aus Südamerika, Europa und den USA, sondern innerhalb der islamischen Tradition, innerhalb der christlichen Tradition, innerhalb des Orients und innerhalb des Westens.



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