Dienstag, Januar 03, 2012

Wenn die Menschen hungern, ("natürlich sind sie selbst Schuld"), freut sich die Bank



Schon lange kursiert die Volks-Weisheit: "Es ist besser, Aktien bei der Allianz-Versicherung zu besitzen als eine Krankenversicherung ". - Ausgedrückt will der Volksmund damit, dass die ManagerInnen der Aktienunternehmen in erster Linie dafür bezahlt werden, die Rendite ihrer Aktienbesitzer zu fördern und nicht die Gesundheit ihrer Versicherten. - (Neudeutsch: Den shareholder value)

Schon im Zusammenhang mit der Finanzkrise und der Lehmann-Pleite geriet ins Licht der breiten Öffentlichkeit, dass auch unsere Deutsche Bank in den USA mit Immobilien spekuliert hat: Menschen ohne genügend Einkommen und Rücklagen wurden verlockt, einen Kredit aufzunehmen, um ein Häuschen zu kaufen; jahrelang wurden dann die Zinsen für den Kredit kassiert bis die Neu-Besitzer - was vorher zu sehen war - den Kredit nicht mehr zahlen konnten; dann wurden sie aus ihrem Häuschen geklagt und auf die Straße gesetzt, - so wie zum Beispiel auch die Geschwister Hildreth und Vanita Brewington in Dorchester, (siehe diesen Link).  

Aktuell kam ans Tageslicht, dass die Deutsche Bank auch an Spekulationen mit Lebensmitteln beteiligt ist und - vereinfacht gesagt - zum Hunger in der Welt beiträgt und selber durch Termin-Geschäfte und Spekulationen am Hunger verdient. Jemand sagte mal: Diese Termin-Geschäfte sind so, als wenn ich eine Wette darauf abschließe, dass das Haus meines Nachbarn abbrennt; danach zünde ich es selber an und streiche den Wett-Gewinn ein. - Hier wette ich darauf, dass die Lebensmittel knapp werden und freue mich dann, wenn es auch geschieht:  Denn nur dann verdiene ich. - Dass durch die Knappheit der Lebensmittel auch Menschen verhungern, die sich die teurer gewordenen Lebensmittel nicht mehr leisten können, ist ein - "selbstverständlich" - unbeabsichtigter Kollateralschaden. Da wasche ich meine Hände in Unschuld. (Siehe auch die Weed-Netz)

"Natürlich sind sie selbst Schuld" 
sagte Frank Hartmann von der Deutschen Bank, als er von einem Journalisten zur Frage nach der Ursache des Hungers befragt wurde. (Die Deutsche Bank will das Video mit dem Interview auf youtube löschen lassen. ) 


Es ist nicht zum ersten Mal, dass die Deutsche Bank wegen ihrer Rolle auf dem internationalen Markt für Nahrungsmittel kritisiert wird. Foodwatch veröffentlichte im Oktober 2011 einen kritischen Report mit dem Titel "Die Hungermacher: Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Lebensmitteln spekulieren". Laut  ZDF-Magazin Frontal21 hat die Deutsche Bank in Deutschland die meisten dieser Fonds aufgelegt, die auf steigende Preise für Nahrungsmittel spekulieren; (insgesamt seien es 35 Fonds mit über 4 Milliarden Euro Wetteinsatz).

Mein Geschäftgebiet war der Hunger.

»Mein Geschäftsgebiet war der Hunger. Ich weiß nicht, wie viele Tote es sind, ich habe keine Ahnung, aber ganz sicher habe ich mehr Menschenleben auf dem Gewissen, als all die Generäle und Politiker, die man wegen Kriegsverbrechen vor Tribunale gestellt hat. Der Unterschied ist nur, mich wird man nie vor Gericht stellen....

Wir haben im letzten Jahr 40-Millionen Menschen unselbstständig gemacht. Das ging fast von selber, wir mussten ja nicht viel dafür machen. Wir mussten niemand deportieren oder erschießen. Alles, was wir gemacht haben, hat sich als Punktlinie auf einem Bildschirm abgespielt: Der Preis für die Grundnahrungsmittel steigt und steigt und steigt... - Warum hat die Gesellschaft kein Interesse daran, Menschen wie mich zu verfolgen und zur Rechenschaft zu ziehen? [...]

Aber das Gewissen, das bleibt an.

Als Bankerin werden Sie eingestellt, der Vorstand betraut Sie mit bestimmten Aufgaben...., und Sie sagen sich: Ja, das ist jetzt mein job wie jede andere Aufgabe auch. Dann bauen Sie eine Abteilung auf, vielleicht 40 Mitarbeiter, bei mir waren es anfangs 27 und am Schluss über 50 Leute. ... Sie arbeiten hart, richtig hart, aber was Sie am Anfang noch nicht wissen: Je härte Sie arbeiten, also je besser Sie sind, desto schneller kommen diese Bilder in den Medien: Von den Hungerkrisen. - Am Anfang wollen Sie das nicht wissen. ... Aber Sie arbeiten weiter, die Arbeit ist auch eine Droge, ... der Erfolg macht süchtig. Aber irgendwann kommt ein Punkt, ... das war in Toronto im Rahmen einer Konferenz, da liegen Sie wach in ihrem Hotelzimmer und können nicht einschlafen, ... und dann, auf einmal, schießen Ihnen alle diese Bilder in den Kopf, all die Bilder, die Sie je gesehen haben, über Ägypten, über über über Äthiopien, Kenia, Somalia - und auf einmal begreifen Sie schlagartig die ganzen Zusammenhänge. Ohne dass Sie es wissen wollen, merken Sie intuitiv , dass Sie das nie mehr loswerden, dass das ab jetzt so bleibt; Sie können den Fernseher ausmachen, keine Zeitung mehr lesen. aber aber dieses Gewissen - das bleibt an.



Aus einem Interview  mit der ehemaligen Bankmanagerin Margarete Wegener Ein Film des Zentrums für politische Schönheit.
Zwei Banker: Frank Hartmann und Margarete Wegener. 
Hoffen wir darauf, dass noch viele Finanz-Manager und BWL- und VWL-Studierende bald in ihrem Hotelzimmer in Toronto oder anderswo wach liegen und dann alle diese Bilder in den Kopf kommen, all die Bilder  über Ägypten, über Äthiopien, Kenia, Somalia - und auf einmal schlagartig die ganzen Zusammenhänge begreifen und sich fragen: Was tun wir da eigentlich? 
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Übrigens
Die Sache ist nicht ganz neu. 1980 machte der Film "Septemberweizen" Furore. Viele heutige BankerInnen und JournalistInen haben ihn vielleicht damals als SchülerIn im Religions-, Ethik- oder Politik-Unterrichts gesehen:

"Septemberweizen" : 

"Septemberweizen" ist ein Begriff aus der Warenterminspekulation und bezeichnet einen im September fälligen Weizenkontrakt – also "Papierweizen“. Vor allem um diesen Weizen, der so gar nichts mehr von einem Lebens-Mittel hat, geht es in diesem Film. - Peter Krieg zeigt in collageartigen Montagen, wie Farmer, Wissenschaftler, Händler, Spekulanten, Verarbeiter und Politiker mit dem Weizen umgehen und was dabei übrig bleibt für Hungrige und Hungernde.


Brechts Wort
von den Hungersnöten, die nicht "ausbrechen“, sondern vom Weizenhandel veranstaltet werden,
erweist sich am Beispiel des amerikanischen Weizens eher als Untertreibung, denn auch Wissenschaftler, Spekulanten, Konzerne und Politiker backen am Hunger mit. Wo Weizen Ware und Waffe zugleich ist, kann es nur als Zufall erscheinen, wenn am Ende doch noch essbares Brot zustande kommt – als Abfallprodukt einer Reihe aufwendiger Geschäfte, die trotz aller gegenteiligen Beteuerungen den Hunger eher vergrößern als stillen.



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