Freitag, Februar 22, 2013

Seelsorge der christlichen Gemeinden an Soldatinnen und Soldaten

Bund der Religiösen Sozialistinnen und Sozialisten Deutschlands .V.
 gegründet 1919/1926, 


Mitglied der International League of Religious Socialists, der Initiative Kirche von unten, des Attac-Netzwerks, des Ökumenisches Netzes Deutschland, von Oikocedit und Kairos Europa

Der Bundessprecher
Der Schriftleiter
Dr. Reinhard Gaede                                                                                      
                                                                                                                          

Presseerklärung vom 16. Februar 2013


Seelsorge der christlichen Gemeinden
an Soldatinnen und Soldaten

Der BRSD begrüßt die Forderung des Versöhnungsbundes nach Abschaffung der Militärseelsorge. Die Seelsorge an Soldat(inn)en soll stattdessen eine Aufgabe der christlichen Gemeinden werden. Die christlichen Gemeinden möchten wir ermutigen, sogar jetzt schon Verantwortung für Soldatinnen und Soldaten zu übernehmen und sie zu beraten.
So soll die Unabhängigkeit der Seelsorge bewahrt werden. Die Abhängigkeit der Seelsorger vom Staat und militärischen Strukturen soll vermieden werden. Die Glaubwürdigkeit des christlichen Friedensdienstes und der der biblischen Mahnung zum Frieden soll gestärkt werden.


Begründung

Das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr und das Katholische Militärbischofsamt (KMBA) sind Behörden, die dem Verteidigungsministerium unterstehen. Die Militärseelsorge wird durch den Staat finanziert.
Die Pfarrer(innen) sind ihrem Bekenntnis zwar verpflichtet, sind gleichzeitig aber von ihrer Kirche für diesen Dienst frei gestellt und als Bundesbeamtinnen und -Beamte auf Zeit vom Staat besoldet.
Ihr Gehalt liegt über dem der Gemeindepfarrer(innen). Sie legen einen Beamt(inn)en Eid ab, werden vom militärischen Abschirmdienst überprüft, sollen militärische Informationen geheim halten. Sie tragen im Ausland und auf Kriegsschiffen im Inland militärische Kleidung, nur auf Schulterklappen statt Rangabzeichen das Symbol der Militärseelsorge. Der Militärpfarrer wird von den Soldaten entsprechend seiner Bezahlung meist wie ein Oberstleutnant wahrgenommen und auch so behandelt. Sie haben also einen Doppelstatus als Staatsbeamte und kirchliche Amtsträger.

Die Abhängigkeit vom Staat und die Einbindung in militärische Strukturen behindern den christlichen Friedensdienst und die Verkündigung der Botschaft Jesu, der Überwindung der Gewalt durch die Kraft der Güte als Antwort auf Gottes Güte vorgelebt und Gewaltfreiheit als überraschende Möglichkeit gepredigt hat.
__________________________________

 
ALTERNATIVEN CHRISTLICHER SEELSORGE AN SOLDATiNNEN
 
(1) Der Seelsorgevertrag zwischen Kirchen und Staat und entsprechende Vereinbarungen der Kirchen mit militärischen Dienststellen müssen gekündigt werden. Er widerspricht dem Grundsatz der Neutralität des Staates gegenüber der Religion ebenso wie dem Grundrecht der freien Ausübung der Religion. Durch die Verbindung mit dem Staat ist die Kirche in der selbständigen Verwaltung ihrer Angelegenheiten beeinträchtigt. Im Gegensatz zur Verfassung wirkt der Staat an der Verleihung kirchlicher Ämter mit. Da die Kirche ihre Botschaft glaubwürdig darstellen soll, ist sie auch verpflichtet, ihre rechtliche Autonomie zu wahren.
(2) Die Kirche soll den Soldat(inn)en Möglichkeiten zur Seelsorge und zum Gespräch anbieten. Dafür müssen Räume bereitgestellt werden, die der Kirche gehören. Beratung muss im Auftrag der Kirche und bezahlt von der Kirche möglich sein. Die bisherige Seelsorge an Kriegsdienstverweigerern kann Soldat(inn)en beraten, die in Konflikt mit dem Militär geraten sind, in ihrem Gewissen beunruhigt sind oder Verweigerung ihres Dienstes erwägen. Beratung kann in Kontakt-Cafés und -Teestuben angeboten werden, ebenso per Telefon und e-mails.
Wir weisen hin auf die Ökumenische Initiative zur Abschaffung der Militärseelsorge.
Arbeitsgruppen müssen bundesweit beraten, wie eine unabhängige christliche Seelsorge für Soldat(inn)en aufgebaut werden kann.

Es geht immer um den Pazifismus des nächsten Schrittes. »Die Ächtung des Krieges ist im Grunde durch den Briand-Kellogg-Pakt von 1928 bereits völkerrechtlich festgehalten. Heute geht es um die Abschaffung des Krieges und das heißt um die Abschaffung des Militärs und des militärisch-industriellen Komplexes. Wenn ›Weltinnenpolitik‹ ( C. F. Von Weizsäcker) die angemessene Antwort auf die globale Situation ist, dann wird klar, dass die immer noch benutzte Clausewitz'sche Formel von dem Krieg als der Fortsetzung der (Außen)Politik mit anderen Mitteln antiquiert und kontraproduktiv ist. Darum müssen sich die Kirchen zu Anwälten einer gewaltfreien und zivilgesellschaftlichen Konzeption der Schutzverantwortung machen.« (Memorandum den Krieg abschaffen, Andreas Gemeinde, Bremen). Internationale Friedenspolitik muss darauf hinwirken, dass Soldaten der Nationalstaaten ersetzt werden durch Blauhelm-Truppen im Dienste der UNO in polizeilicher Funktion zur Sicherung des Friedens zwischen verfeindeten Gruppen, wobei diese mit dem Dienst der Friedensstifter einverstanden sein müssen, damit sie nicht wie in Afghanistan in einen Krieg hineingezogen werden. Hilfsorganisationen können auf Dauer nicht in militärischer Begleitung glaubwürdig wirken.
»Die Milliarden, die in Deutschland für das Militär ausgegeben werden, und die Millionen, die für die Militärseelsorge ausgegeben werden, sollen für Maßnahmen der frühzeitigen Konflikterkennung (Friedensforschungsinstitute) und der zivilen Konfliktbearbeitung (internationale Streitschlichtung) ausgegeben werden.« (Versöhnungsbund)

Seelsorge für Soldat(inn)en im Ausland ist unverzichtbar, muss aber unabhängig und ergebnisoffen sein, d.h. schon der Anschein der Vermengung militärischer und seelsorgerlicher Interessen muss vermieden werden. Diese ist mit staatlicher, in militärische Strukturen eingebundener Seelsorge unvereinbar.
 __________________________________

Siehe auch:
  
und
 
 

Keine Kommentare: