Samstag, August 31, 2013

Von Helden, Whistleblowern und Wissenschaflern


Post-heroische Helden.

Eigentlich sprach man vom post-heroischen Zeitalter.
Ein gut ausgestatteter neuer Sonderforschungsbereich der Universität Freiburg befasst sich nun (trotzdem oder deswegen) mit diesem "Relikt des mythischen Weltbildes". - Was aber macht sie aus, die "Heroische Figur"?

Am engsten fasste es auf einem Podium in Freiburg Martin Warnke, * 1937, "der Doyen der sozialgeschichtlichen Kunstwissenschaft". Am liebsten würde er allein die Definition der alten Griechen gelten lassen, die den Titel ihren gefallenen Kriegern vorbehielten. Angesichts der modernen Kriegsführung sei der Kriegsheld allerdings obsolet. Die Möglichkeit atomarer und chemischer Kriegsführung und der Kriegsführung aus der Ferne mit Dronen habe den Heldenbegriff endgültig liquidiert. Allein dies erkläre seine Veralltäglichung, die Übertragung auf Ärzte, Wissenschaftler, Feuerwehrleute.

Die links-bürgerliche taz sucht alljährlich Helden des Alltags

Aus der Weltliteratur - so die Literaturwissenschaftlerin Prof. Susanne Lüdemann von der Uni München, habe sich der Held schließlich schon früh – mit Don Quijote und Hamlet – verabschiedet, und nach Ansicht des Philosophen Hegel wurde er in der bürgerlich geordneten Gesellschaft gänzlich obsolet: ersetzt vom Beamten.

Als Relikt eines mythischen Weltbilds beweist das "narrative Konstrukt" dann aber doch erstaunliche Überlebenskraft: Blockbusterfilme und Computerspiele, das weiß Susanne Lüdemann von ihren Kindern, kommen ohne eindeutige Heldenfiguren nicht aus. Transportieren sie doch naive Allmachtsphantasien und die Sehnsucht nach Eindeutigkeit.
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Der Held kehrt nicht nur einmal zurück auf die Leinwand,
Sony hat erst vor kurzem verkündet, dass es insgesamt drei Fortsetzungen zu "The Amazing Spider-Man" geben soll, der in Deutschland unter dem Titel "Spider-Man: Die Rückkehr des Helden" veröffentlicht  wird.

Brettspiel: "Packende Abenteuer
in einer phantastischen Welt!
Es gilt aufregende Abenteuer zu erleben, gegen Riesen,
Trolle oder andere finstere Wesen zu kämpfen
und am Ende den grausamen Namenlosen
in seinem Turm zu besiegen!"
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Snowden und Manning
Focus 25.2.2002
"Snowden und Manning sind ­in einem vollkommen neutralen Sinn — Helden.
Politikwissen­schaftler Herfried Münkler defi­nierte den Helden als einen „Kämpfertyp, der durch gestei­gerte Opferbereitschaft ein er­höhtes Maß gesellschaftlicher Ehrerbietung zu erwerben trach­tet: Diese Diagnose trifft auf Manning und Snowden zu.
Interessanterweise stammt Münklers Definition des Helden aus einem sieben Jahre alten Text, der gerade das Verschwin­den des Heroischen in den west­lichen Gesellschaften konsta­tiert. Münklers These vom „postheroischen Zeitalter" ist bis heute extrem einflussreich. [...]
Umso überraschender ist die neuerliche Renaissance des He­roischen im Herzen des Posthe­roischen, inmitten der digitalen Gesellschaft. Ein Grund für diese unerwartete Wendung ist, dass es noch nie so einfach war, ein Held zu sein. Computer haben den Einzelnen zwar womöglich tat­sächlich mehr auf sich selbst fo­kussiert, ihm aber auch deutlich mehr Handlungsmacht gege­ben. Daniel Ellsberg, der 1971 ge­heime Pentagon-Papiere über den Vietnamkrieg an die Öffent­lichkeit brachte, musste noch al­les nächtelang per Hand kopie­ren: Ein Prozess, der für den Whistleblower äußerst riskant war und mehrere Monate in An­spruch nahm. Manning reichten ein paar CDs, die in wenigen Stunden kopiert waren."
[Quelle: Johannes Thumfart in der taz]
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Whistleblower-Preis 2013 
des VDW für Edward Snowden:

Seit ihrer Gründung 1959 durch Carl Friedrich von Weizsäcker und weitere pro­mi­nen­te Atomwissen­schaft­ler, die sich zuvor als "Göt­tin­ger 18" öffent­lich ge­gen eine ato­ma­re Be­waff­nung der Bun­des­wehr aus­ge­spro­chen hatten, fühlt sich die Ver­ei­ni­gung Deutscher Wissen­schaft­ler (VDW) der Tra­di­tion ver­ant­wort­licher Wis­sen­schaft ver­pflich­tet. -

Der Whistleblower-Preis wurde von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW), der deutschen Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) und der Ethikschutz-Inititative des International Network for Engineers and Scientists for Social Responsibility (INESPE) gestiftet und erstmals im Jahre 1999 vergeben.

Mit dem Preis sollen Persönlichkeiten geehrt werden, die in ihrem Arbeitsumfeld oder Wirkungskreis schwerwiegende, mit erheblichen Gefahren für Mensch und Gesellschaft, Umwelt oder Frieden verbundene Missstände aufgedeckt haben ("Whistleblower"). Die Begündung kann man hier nachlesen.
Quelle: wikipedia


Im Jahre 2011 war übrigens Bradley "Chelsea" Manning einer der beiden Preisträger (und 2003 Daniel Ellsberg).

Im April 2010 machte Anonymous (Bradley Manning) ein von den US-Behörden als Staatsgeheimnis gehütetes Dokumentations-Video über ein von US-Soldaten im Irak verübtes schweres Kriegsverbrechen via Wikileaks der Weltöffentlichkeit zugänglich. Das dienstlich aufgenommene Bord-Video zeigt die gezielte Tötung von mindestens sieben Zivilpersonen durch
die Besatzung eines US-Kampfhubschraubers am 12. 7. 2007 im Irak. 



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Demokratie aktualisieren

Die Wissenschaftler des VDW haben aktuell eine "Berliner Erklärung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu den Bedingungen der Demokratie in der DIGITAL-WELT" veröffentlicht.
Darin heißt es u.a.:

[...] "Als Expertinnen und Experten für die wissenschaftliche Analyse der sozialen und natürlichen
Lebensbedingungen unserer modernen Gesellschaft wissen wir, dass die rechtlich verfasste soziale
Demokratie ein zerbrechliches Gebilde ist. Sie muss täglich verteidigt und immer wieder neu erkämpft werden. Wenn die Menschen - und Bürgerrechte unter den Händen der Geheimdienste zerrieben werden, sind Freiheit und Verantwortung als die Grundlagen unseres Zusammenlebens in Gefahr. Die Demokratie wird nicht nur von außen bedroht, sie stellt sich auf diesem Wege selbst in Frage.


Wir stellen fest
  1. Deutschland braucht schnell einen „großen Diskurs“ unter gleichberechtigter Beteiligung der Politik, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft, um über die aktuelle Situation aus den Perspektiven unterschiedlichster Expertise zu beraten.
  2. Nach der Bundestagswahl muss umgehend eine neue, mit Parlamentarierinnen, Parlamentariern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern paritätisch besetzte Enquete-Kommission zum „Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten“ eingerichtet werden.
  3. Deutschland muss sich für europäische und für globale Regelungen einsetzen, die sich den aktuellen Herausforderungen politischer, technischer und ökonomischer Entwicklungen der Digital-Welt stellen und die darauf zielen, demokratische Strukturen zu verteidigen und zu erneuern. Dazu gehört auch, unabhängiger von monopolistischen, zumeist US-amerikanisch dominierten Datenverarbeitungsstrukturen zu werden. Hierfür könnte ebenfalls eine Enquete-Kommission des Europäischen Parlaments den geeigneten Rahmen für den notwendigen öffentlichen Diskurs und die Entwicklung von tragfähigen Konzepten schaffen." [...] 
Die ganze Erklärung kann man hier lesen und herunterladen.
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