Samstag, Dezember 30, 2006

Hussein heute gehängt. Von der Diktatur zur Barbarei.

Der irakische Ex-Präsident Saddam Hussein ist hingerichtet worden. Saddam Hussein und seine beiden Verbündeten (sein Halbbruder Barsan el Tikriti sowie der ehemalige Präsident des Revolutionstribunals Awad el Bandar) waren wegen der Ermordung von 148 Einwohnern des Dorfes Dudschail in den 80er Jahren zum Tod durch den Strang verurteilt worden.
(s. auch den Post vom 23.8.2006 zum Gerichtsverfahren)

Während der würdelosen Hinrichtung wurden von Wachleuten oder Zuschauern (wahrscheinlich mit privaten Handys) auch private Filmaufnahmen gemacht, Hussein wurde verspottet und nach der Hinrichtung wurden offenbar Freudentänze aufgeführt. In der Video-Aufzeichnung sind Wortgefechte zu hören, die den Diktator beschimpfen und ihm zurufen, er solle zur Hölle fahren. Als Saddam zum zweiten Mal das islamische Glaubensbekenntnis sprechen will, öffnet sich gerade beim Wort Mohammed unter ihm die Falltür des Galgens.

Und der Irak und seine Bevölkerung?

Bis Oktober 2006 stieg die Zahl der im Bagdader Leichenschauhaus monatlich eingelieferten Gewaltopfer auf 2722. Die meisten gingen auf das Konto der Milizen schiitischer Regierungsparteien und von Todesschwadronen innerhalb der Sicherheitskräfte.

Insgesamt 650.000 Iraker waren von März 2003 bis Juni 2006 Opfer von Krieg und Besatzung geworden, so das Ergebnis einer im Oktober in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichten Studie, 600.000 davon starben eines gewaltsamen Todes. Die Zahl der Opfer hat sich jedes Jahr beinahe verdoppelt, bis zum 4. Jahrestag des Krieges wird daher, so steht zu befürchten, die Gesamtzahl die Millionengrenze überschritten haben. Die Hälfte bis zwei Drittel der Gewaltopfer wurden von den Besatzungstruppen oder den US-geführten irakischen Hilfstruppen selbst getötet, ein Siebtel allein durch Luftangriffe.

Von diesen tödlichen Kampfeinsätzen, den oft wochenlangen Belagerungen und Bombardierungen ganzer Städte und Stadtviertel hört und sieht man hierzulande so gut wie nichts. Berichtet wird nur über die Anschläge irakischer Kräfte auf die Zivilbevölkerung, Morde und Entführungen. Informationen über Hintergründe sucht man vergebens. Selten erfährt man etwas über die politische Ausrichtung der irakischen Akteure, angegeben wird meist nur deren mutmaßliche Konfession. So entsteht Stück für Stück das falsche Bild eines Krieges zwischen »den Sunniten« und »den Schiiten«, »den Arabern« und »den Kurden«.
(jw/udopia)

Alive in Baghdad

Brigan Conley, 26-jähriger US-Amerikaner, ist der Gründer von Alive in Bagdahd. Jede Woche stellt ein irakisches Team neue kurze Videos auf die Website des Web-Logs, die den Alltag der Menschen im besetzten Irak dokumentieren. - Es geht um durch US-Munition Uran-verseuchte Kinder, um Überlebende von Autobomben-Attentate, fehlende Plätze auf Friedhöfen, Teenager berichten aus dem Krieg, Ex-Häftlinge aus dem Gefängnis Abu Ghraib...

Iraker drehen die Filme vor Ort, ein anderes Team in den USA kümmert sich um die Übersetzung. Im Dezember 2006 wurde die Website in den USA mit dem "Vloggie" augezeichnet, ein Preis, mit dem Video-Blogs prämiert werden.


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