Sonntag, Dezember 18, 2011

"Deutsche Zustände" 2004 und 2011

Wenn Sie mal in dem Post:
Deutsche Zustände 2004
nachschauen, dann lesen Sie dort:
  • Fast 60% der Deutschen sind der Meinung, dass "zu viele Ausländer in Deutschland" leben. Zwei Jahre zuvor waren es 5% weniger, die so dachten.
  • 9% mehr als vor zwei Jahren stimmen dem Satz zu: " wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die in Deutschland lebenden Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken."
  • " Es ist ekelhaft, wenn Homosexuelle sich in der Öffentlichkeit küssen" meinen 37% der Bevölkerung, ebenfalls 5% mehr als vor zwei Jahren.
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Jetzt, 2011,
hat Wilhelm Heitmeyer, Soziologe an der Uni Bielefeld, die aktuellen Ergebnisse seiner 10-jährigen Langzeitstudie "Deutsche Zustände" vorgestellt. Es soll die weltweit größte Studie dieser Art sein. Die Originalausgabe der "Folge 10" ist am 12.12.2011 im Suhrkamp-Verlag erschienen.

Zwischen 2004 und 2011 ist Einiges passiert:
  • Der Anschlag auf das World-Trade-Center in New York ("Nine Eleven"), 
  • in Deutschland wurde Hartz IV eingeführt, 
  • die weltweit anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise - 
  • so genannte "Signal-Ereignisse" des Jahrzehnts.
Es gab erfreuliche Entwicklungen im letzten Jahrzehnt, zum Beispiel haben Sexismus, Homophobie und Antisemitismus im Laufe der Zeit abgenommen. Die Zahl der fremdenfeindlichen, antisemitischen und islamfeindlichen Deutschen sei in den letzten Jahren um ein Drittel gesunken. Beispiel: 2004 unterstützten 60% den Satz, dass zu viele Ausländer in Deutschland leben, jetzt sind es (immerhin!) noch 47,1%.

Nicht alles ist erfreulich: Heitmeyer spricht von einer "Ökonomisierung des Denkens", Entsolidarisierung, sozialer Spaltung, man fühlt sich von den großen Parteien weniger vertreten, und immer noch haben 9,2% der Bevölkerung rechts-populistische Einstellungen.
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Sozialforscher Heitmeyer: "Die Gesellschaft ist vergiftet"

Der Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer sieht Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus in Deutschland auf dem Vormarsch. In einer über zehn Jahre angelegten Studie "Deutsche Zustände" kommt Heitmeyer zu dem Befund, dass insbesondere nach den Krisen seit 2008 die Abwertung von Minderheiten wie Langzeitarbeitslosen, Zuwanderern und Behinderten wieder deutlich zugenommen hat. "Etwa 10 Prozent der Deutschen denken durch und durch rechts", stellt Heitmeyer nach seiner aktuellen Befragung fest. Die Gewaltbilligung und die Gewaltbereitschaft bei Menschen, die rechtspopulistisch denken, hätten zwischen 2010 und 2011 um 16 Prozent zugenommen. Insbesondere Muslimen begegneten die Deutschen skeptisch bis feindselig. Über 50 Prozent der Befragten sagen heute, sie hätten große Probleme, in eine Gegend zu ziehen, in der viele Muslime leben. Das sei ein Anstieg um 6 Prozent in den vergangenen sieben Jahren. Für das Klima in der Gesellschaft sei das alles andere als erfreulich, sagt Heitmeyer, "die zunehmende Spaltung zersetzt das Miteinander. Die Gesellschaft ist vergiftet".
(Zitat: DER SPIEGEL)
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Soziale Spaltung und "rohe Bürgerlichkeit"

Auch eine soziale Spaltung erkennt der 66-jährige Wissenschaftler in diesem Land. Wohlhabende entsolidarisieren sich mit sozial Schwachen, und die sogenannte Elite aus Politik, Wirtschaft und Medien leistet dieser Entsolidarisierung Vorschub. Heitmeyer prägt den Begriff der "rohen Bürgerlichkeit“. So kann keine Gesellschaft dauerhaft existieren, befürchtet der Forscher.

Doch wie kann verhindert werden, dass diese Gesellschaft auseinander bricht? Was ist notwendig, damit Deutschland ein im Inneren friedliches Land bleibt? Warum gibt es in Deutschland trotz der schon bestehenden sozialen Spaltung bisher keine gewaltsamen Unruhen? Darüber hat Nordwestradio-Moderatorin Ramona Schlee mit Wilhelm Heitmeyer in der Gesprächszeit im Nordwestradio gesprochen.
(Zitat: Radio Bremen)
Die Links zu dem Interview mit Wilhelm Heitmeyer finden Sie sie HIER.

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