Blockupy, Frankfurt, Mitte Mai 2012:
Sie
wollten nach Frankfurt kommen, zu Tausenden, um zwischen dem Himmelfahrts-Donnerstag und Sonntag unter dem Motto
Blockupy gegen die europäische Krisenpolitik und den Kapitalismus zu
demonstrieren. - Doch durch die Verbotspolitik der Stadt Frankfurt und die
Maßnahmen der Polizei wurden viele Protestierende
davon abgehalten.Sie haben sich abschrecken lassen
oder wurden an der Teilnahme gehindert. Randale
wie in Griechenland hatte die Polizei prophezeit und
mit dieser Begründung massiv in das Recht auf Versammlungsfreiheit
eingegriffen:
- Ein mehrtägiges Demonstrationsverbot für das Blockupy-Bündnis wurde richterlich bestätigt. Die Polizei weitete es auf sämtliche Gruppen aus, die in diesen Tagen in Frankfurt demonstrieren wollten. - Auch auf das seriöse und gewaltfreie Komitee für Grundrechte und Demokratie, das nur gegen das Demonstrationsverbot demonstrieren wollte.
- Über 400 Menschen wurden Aufenthaltsverbote für die gesamte Innenstadt ausgestellt.
Am Himmelfahrts-Donnerstag hat die Polizei zwei Reisebusse voller Demonstranten aus Hamburg und drei Busse aus Berlin bereits auf der Autobahn gestoppt - und den angehenden DemonstrantInnen Stadtverbote bis einschließlich Sonntag erteilt. - Diese durften also auch nicht zur erlaubten Demo am Samstag anreisen. Auch in Zügen gab es vermehrt Kontrollen. . Trotzdem: Am Donnerstag um 12 Uhr versammelten sich mehrere Hundert Menschen vor der Frankfurter Paulskirche, wo die deutsche Demokratie 1848 ihren Anfang genommen hatte. Einige von ihnen halten Grundgesetze hoch und rufen: „Ihr klaut uns unsere Freiheit.“
- Wer demonstriert wird eingekesselt und abgeräumt. Dabei kommt es zu unschönen Szenen: Menschen werden schreiend über den Boden geschleift und bekommen die Hand verdreht.Eine ältere Frau liegt fast regungslos da, sie wird von Sanitätern behandelt, ein Krankenwagen kommt.
- Mit Polizeigriff abgeführt wird auch Martin Kliehm, obwohl er sich als parlamentarischer Beobachter ausweisen kann: Er sitzt für die Piratenfraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.
"Viel Staat war unterwegs, um das Bankenviertel zu schützen vor Bürgern, die wegen der europaweiten Finanzkrise protestieren wollten. Die Polizei schützt die Banken - vor der Bevölkerung. Wer schützt die Bürger vor den Banken?"
25.000 (20.000 - 30.000 je nach Schätzung) ließen sich trotzdem nicht abschrecken und kamen zur einzig erlaubten Veranstaltung von Blockupy, der Großdemonstration am Samstag, 19. Mai.
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Kanada, Topf-Schlagen vor Pfingsten 2012:
"Über drei Monate schon demonstrieren Zehntausende Studierende in der kanadischen Provinz Québec gegen die geplante Erhöhung der Studiengebühren. Was als Streik der Akademiker begann, hat sich längst zu einer breiten sozialen Bewegung ausgeweitet. Die Obrigkeit aber lässt die Knüppel sprechen. Mit brutaler Gewalt versucht die Regierung von Quebecs Premier Jean Charest die Proteste zu unterdrücken.
Nacht für Nacht setzt Polizei Schlagstöcke, Schockgranaten und Tränengas ein. In der Nacht zu Donnerstag wurden allein in Montréal und Québec City knapp 700 Demonstranten festgenommen - so viele wie noch an keinem Tag zuvor. [...]
Über 170.000 junge Menschen machen mit. Es sind die längsten Studentenproteste in der Geschichte Kanadas. Die Unruhen legen das akademische Leben in Québec völlig lahm. Mehr als die Hälfte der Universitäten dort sind geschlossen. Stattdessen harren die Studierenden jede Nacht auf den Straßen aus. Am 100. Tag der Proteste diese Woche waren allein in Montréal mehr als 100.000 Menschen unterwegs. [...]
Ein Ende ist nicht in Sicht. Alle Verhandlungen sind bislang geplatzt. Vor ein paar Tagen schmiss die Bildungsministerin frustriert ihren Job hin. Seit einigen Tagen droht die Lage zu eskalieren. Denn die Regierung will die Streikfront mit dem Notstandsgesetz „Loi 78“ brechen. Sie hat das Semester vorzeitig beendet und schränkt die Versammlungsfreiheit ein. Die Demonstranten müssen ihre Aktionen jetzt vorher anmelden. In Montréal dürfen sie ihre Gesichter nicht mehr verhüllen. Aktionen, die den Hochschulbetrieb stören, können mit bis zu 125.000 Dollar bestraft werden."
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Warum schützt niemand die Bürger vor den Banken? Diese Frage treibt Tausende auf die Straßen. Und da wird auch schon mal das System in Frage gestellt. Einer der einflussreichsten Soziologen Deutschlands, Ulrich Beck, warnt vor den Folgen für die Demokratie.
Prof. Ulrich Beck, Soziologe, London School of Economics:
„Ich meine, so ein Wort kommt eigentlich leicht über die Lippen. Aber in dieser Situation entsteht sowas wie vor-revolutionäre Situationen, die immer so lange verdeckt bleiben - wir haben das ja auch an der DDR erlebt - dann lange Zeit dachte man, die Fassaden funktionieren. Keiner hat erwartet, dass das plötzlich so schnell zusammenbrechen kann. Aber ähnliches erleben wir eigentlich heute auch in den westlichen Staaten.“
Zitat-Quelle: ARD 24.5.2012, Magazin "monitor"
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