Dienstag, Juli 17, 2012

Der verschwundene chinesische Bischof und die christliche Kirche in China

  • 11.07.2012

Bischof von Schanghai verschwunden

Felix Lee schreibt in der taz:


Katholik sein in China geht nur gut, wenn man auch in der Staatskirche ist: 
 
PEKING taz | Es ist in den vergangenen Jahren sehr selten vorgekommen, dass sich Vatikan und Peking auf einen gemeinsamen Bischof verständigt haben. Die römisch-katholische Kirche erkannte die von Chinas Führung auserkorenen Bischöfe meistens nicht an. Die regierende Kommunistische Partei in der Volksrepublik wiederum duldete keinen Kandidaten, der sich nicht ihr unterstellte. Auf Thaddeus Ma Daqing hatten sich beide Seiten nach langem Gezerre geeinigt.
Der 44-Jährige wurde am vergangenen Samstag zum neuen Bischof des Bistums Schanghai geweiht. Womit die chinesische Führung nicht gerechnet hatte: Ma erklärte kurz nach seiner Weihe den Austritt aus der chinesischen Staatskirche. Seitdem ist er verschwunden.

Wie das unabhängige katholische Nachrichtenportal ucanews berichtet, sind chinesische Sicherheitskräfte nur wenige Stunden nach Mas Austrittserklärung vor der Sankt-Ignatius-Kathedrale im Schanghaier Stadtteil Xujiahui vorgefahren, haben ihn festgenommen und verschleppt.
Ucanews vermutet, dass Ma im Priesterseminar von Sheshan, rund 30 Kilometer von Schanghai entfernt, unter Hausarrest gehalten wird. Ma selbst soll sich seitdem nur einmal kurz bei Angehörigen mit einer Textnachricht gemeldet haben.
Das klang nach der Weihe am Samstag noch ganz anders. Noch während des feierlichen Hochamts soll er Augenzeugen zufolge unter Applaus der mehr als 1.000 Gläubigen offiziell seinen Austritt aus der Katholisch-Patriotischen Vereinigung (CPA) erklärt haben. Dabei handelt es sich um die von der kommunistischen Führung anerkannten katholischen Staatskirche. Der Vatikan lehnt diese Gemeinschaft ab, sieht sie darin den Versuch der chinesischen Machthaber, staatliche Kontrolle über den Katholizismus in China zu erlangen. Peking wiederum verbietet Katholiken die Ausübung ihrer Religion, wenn sie nicht auch Mitglied dieser Staatskirche sind...

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Mal nebenbei: 

"Peking wiederum verbietet Katholiken die Ausübung ihrer Religion, wenn sie nicht auch Mitglied dieser Staatskirche sind...". 
Das hört sich grauslich an. 

Oder soll sich grauslich anhören? (Denn im China und im Osten geht es nun mal, wie jede/r weiß, im Unterschied zum zivilisierten Westen  grauslich zu.)

Bei uns in Europa gibt es allerdings - was den Vorfall in China allerdings auch nicht unbedingt besser macht - noch Grauslicheres: 
In der Englischen Kirche, der Church of England, ist das Staatsoberhaupt (also derzeit Queen Elisabeth) gleich selber das Oberhaupt der englischen Staatskirche. Und der Primas der Church of England, der Erzbischof von Canterbury, spielt nur die zweite Geige. - Da könnte der chinesische Staatspräsident Hu vielleicht noch etwas abschauen?

Und bei uns in Deutschland sind Staat und Kirche auch nicht wirklich getrennt - die deutschen Katholiken z.B. müssen es brav schlucken, wenn der Papst in Rom ihnen einen schwulen-feindlichen und reaktionären Bischof vor die Nase setzt, auch wenn dieser Bischof damit gegen UN-Menschrechte und EU-Recht verstößt. Mancher deutsche Katholik wäre vielleicht froh, wenn sein Bischof sich mal ins Priesterseminar zurückziehen würde - Hausarrest muss ja nicht gleich sein -  und seinen untergebenen Schäfchen eine sms schicken würde, er sei dann mal weg, erschöpft und brauche eine Pause. 

So viel nebenbei.
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Die christliche Kirche in China 
hat eine bewegte Geschichte

Von chinesischer Kultur und europäischen Ureinwohnern

Die chinesische Regierung ließ sich in ihrer langen Geschichte schon immer etwas weniger vom Papst gefallen als die deutsche (mal abgesehen von Martin Luther und Kollegen in Deutschland - und von den Jahren 1895 bis 1949 in China, dem "Jahrhundert der Schande", als das Land unter dem Imperialismus der Japaner, Engländer, Franzosen, Portugiesen, Holländer, Russen und: der Deutschen leiden musste). 

1946 schrieb der Chinese N.Q. Tse stolz, dass Chinas Zivilisation bis 2852 v. Chr. zurückreiche - in die Zeit, als das Alte Ägyptische Empire Memphis gegründet wurde -  und dass China schon eine entwickelte Kultur gehabt habe, als die Vorfahren der heutigen Amerikaner und Europäer sich noch auf einem kulturellen Entwicklungsstand kaum höher als dem der australischen Aborigines befanden...

Den Höhepunkt seiner geographischen Ausdehnung erreichte China im 18. Jahrhundert unter den Kaisern der Qing-Dynastie. Und als der Vatikan den chinesischen Christen verbieten wollte, für das Wort "GOTT" den aus den klassischen chinesischen Schriften abgeleiteten Namen "Shangdi" zu benutzen, ließ der chinesische Kaiser 1725 kurzerhand alle christlichen Missionare ausweisen. 

Erst später ging es bergab, als die Qing-Dynastie in Korruption versank und die christlichen Seefahrer mit ihren Kanonenbooten den "Freihandel" mit China erzwingen konnten, mit Hilfe korrupter chinesischer Beamter Opium ins Land importierten konnten, sich ihr Opium und andere Importe nach China nicht mehr im Tausch mit Tee und Seide, sondern mit dem großen chinesischen Silber-Vorräten bezahlen ließen.

Britischer Angriff auf Nanjing
 

Von ungleichen Verträgen und christlichen Missionaren
China wehrte sich in den zwei sog. Opium-Kriegen gegen den Imperialismus des Westens, verlor sie, musste die sog. "Ungleichen Verträge" akzeptieren, Gebiete abtreten und die christlichen Missionare wieder ins Land lassen: Katholische Missionare erhielten 1860 in der Konvention von Peking das Recht, auch im Landesinneren tätig zu werden und Grundbesitz zu erwerben. 1881 wurde das recht auf die Protestanten ausgedehnt.

Durch den zunehmend aggressiver werdenden Imperialismus kam es zum Boxer-Aufstand unter dem Motto "Unterstützt die Qing-Dynastie, vernichtet die Fremden", bei dem 250 Ausländer (hauptsächlich Missionare) und tausende, vielleicht mehrere zehntausend chinesische (!) Christen getötet wurden. ("Boxer" bedeutet sinngemäß "In Rechtschaffenheit vereinigte Milizen".) - Das war keine Christen-Verfolgung, sondern es ging um Selbstverteidigung gehen die ausländische Kanonenbootpolitik, als deren "U-Boote" im Lande die westlichen Missionare und die missionierten Chinesen gesehen wurden. -  Sechs europäische Staaten plus Japan und USA kämpften den anti-imperialistischen Aufstand nieder. 

Deutscher Soldat in Peking nach den Boxer-Aufständen

Auch wenn die christliche Mission in China oft reiner Selbstzweck war, so war sie doch (wie auch in Lateinamerika zu Zeiten von Christoph Kolumbus) in der Praxis ein Teil des Imperialismus: Die Missionsschulen sollten auch dazu dienen, Vorurteile gegen die "christlichen" Ausländer abzubauen, und der in den Missionsschulen erteilte Sprachunterricht diente den Kaufleuten und Politikern dazu, in China Mittelsmänner ("Kompradoren") zu finden, die ihre Sprache verstehen und sprechen konnten. 
"Die ausländischen Teufel töten und ihre Bücher verbrennen"
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p.s.:
  • 1860 besaßen ausländische Firmen das weltweit einzigartige Privileg, die chinesische Binnen(!)-Schifffahrt abwickeln zu dürfen. 
  • 1911 befanden sich rund 90% der chinesischen Eisenbahnen in ausländischer Hand. 
  • Um 1905 gab es etwa 5000 evangelische und katholische Missionare in China.   
  • Eine besondere Rolle spielte der deutsche Missionar Richard Wilhelm (1873-1930), der 1899 als evangelischer Missionar in das sog. "Schutzgebiet Kiautschou" nach China kam, ein Beutestück des deutschen Kolonialismus unter Kaiser Wilhelm. "Endlich ein Mensch" sagte jemand über ihn, und er ist vielleicht der einzige Missionar, der sich weigerte, auch nur einen einzigen Chinesen zu taufen. Statt dessen übersetzte er chinesische Klassiker ins Deutsche und wurde zu Chinas "Missionar" in Europa.

1911 kam es dann zur Nationalen Revolution in China, 

Wuchan Aufstand 1911
der letzte Kaiser wurde gestürzt, die chinesischen Warlords von den Truppen Jiang Kaisheks und Mao Zedongs bekämpft.

Der letzte "Ungleiche Vertrag" 
wurde von der Schweiz im Jahre 1918 mit China abgeschlossen.

Die ersten "Gleichen Verträge"  
1919 und 1920 mit Bolivien und Persien, und 1921 folgte die deutsche Weimarer Republik als erste ehemalige Kolonialmacht ("Vertrags-Macht") dem guten Beispiel.

In der Folge dieses Vertrage wurden die Deutschen in China ausgesprochen gut behandelt, und China wurde zu einem wichtigen Handelspartner Deutschlands. 
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