Samstag, Juni 09, 2018

OB Palmer, an Minister Seehofer wegen ANKER-Zentren

Quelle 1 / Quelle 2

06.06.2018
Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat
Herrn Horst Seehofer Alt-Moabit 101
D 10559 Berlin

Sehr geehrter Herr Bundesminister,
die von der Bundesregierung geplante Einrichtung von ANKER-Zentren ist aus meiner Sicht ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Anstrengungen der Kommunen, Flüchtlinge zu integrieren und ihnen eine gute Perspektive zu geben. 

Quelle
Vor Ort machen wir immer wieder die Erfahrung, dass die größten Probleme mit den Asylbewerbern entstehen, die keine Bleibeperspektive haben oder sogar offiziell abgelehnt sind, ohne dass eine Ausreise erfolgt. Das ist menschlich verständlich: Wer ohnehin nichts mehr zu verlieren hat, ist eher geneigt, Risiken einzugehen und dabei auch in Konflikt mit dem Gesetz zu geraten. Es wird die leider viel zu häufig auftretenden Probleme mit nicht akzeptablem Sozialverhalten und Kriminalität in den Kommunen deutlich verringern, wenn künftig nur noch anerkannte Flüchtlinge auf die Städte und Gemeinden verteilt werden. So verstehe ich das Ziel Ihrer Bemühungen und kann Sie darin nur unterstützen.  

Leider ist das aber nur eine Lösung für die Zukunft. Nach geltendem Recht sind Flüchtlinge spätestens nach zwei Jahren im Land von den Kommunen in Obhut zu nehmen. 
Die Zeit der höchsten Zugangszahlen ist nun genau zwei Jahre vorbei, daher sind nun die Kommunen für alle Asylbewerber zuständig, die im Jahr 2015 und zu Beginn des Jahres 2016 nach Deutschland gekommen sind. Für Tübingen bedeutet das: Von 1400 Asylbewerbern in der Stadt haben über 300 keinen Aufenthaltstitel, weil sie entweder abgelehnt sind oder ihr Verfahren noch beim BAMF anhängig ist. Für diese Gruppe – häufig sind es junge Männer – brauchen wir ebenfalls eine Lösung.

Aus meiner Sicht sollten dazu zwei Strategien kombiniert werden. 

  1. Zum einen müssen diese Menschen Sanktionen spüren, wenn sie das Zusammenleben in der Stadt stören. Das ist bisher nicht der Fall. Bevor Polizei und Justiz einschreiten, muss sehr viel passieren. Einen Einfluss auf den Ausgang des Asylverfahrens hat das wegen der fehlenden Anerkennungschancen ohnehin nicht. Ich hielte es daher für wichtig, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, Personen ohne Anerkennung und Bleibeperspektive, die wiederholt negativ auffallen und das Zusammenleben in den Einrichtungen und den Kommunen massiv stören, an staatliche Einrichtungen wie die ANKER-Zentren rückzuüberstellen. Allein das Risiko, die Vorteile der Integrationsangebote vor Ort zu verlieren, würde viele der betroffenen Personen vorsichtiger machen oder vielleicht sogar zur Raison bringen.
  2. Zum andern sollte es auch für den Personenkreis, der bereits länger im Land ist, keine Bleibeper-spektive hat und dennoch aller Voraussicht nach nicht ausreisen wird – zum Beispiel wegen fehlen-der Kooperation des Herkunftslandes – einen Anreiz geben, sich anzustrengen. Dafür müsste es im Einwanderungsrecht eine Option geben, abgelehnten Asylbewerbern ein Aufenthaltsrecht einzu-räumen, wenn sie die deutsche Sprache erlernt haben, einer Arbeit nachgehen (evtl. beschränkt auf Mangelberufe wie Handwerk und Pflege), unsere Gesetze achten und unsere Gesellschaft respek-tieren. Besonders hilfreich wäre es, wenn die Kommunen in diesen Fällen einen Antrag an das je-weilige Innenministerium des Landes stellen könnten, ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Damit würden die Ordnungsbehörden und Sozialarbeiter der Städte und Kreise endlich ein Instrument erhalten, um Leistung zu belohnen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, aus meiner Sicht leben die Asylbewerber mit schlechter Bleibe-perspektive heute in einem komplett verkehrten Anreizsystem. Anstrengungen werden nicht be-lohnt, Fehlverhalten wird nicht sanktioniert. Es sollte genau umgekehrt sein. Mit meinem Vorschlag möchte ich eine denkbare Lösung dieses Problems anregen. In der Hoffnung auf eine wohlwollende Prüfung meines Vorschlags verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen


Boris Palmer
Oberbürgermeister

Quelle
_________________________________

"Zum einen müssen diese Menschen Sanktionen spüren, wenn sie das Zusammenleben in der Stadt stören. Das ist bisher nicht der Fall."

Ja, es ist gut zu wissen, wenn ich weiß, was mit mir passiert, wenn ich... .
Und zwar, es vorher zu wissen, bevor ich ES tun werde. Damit ich mir überlegen kann, ob die Sache ihren Preis wert ist.
Und wenn ich mich dann  entscheide, ES trotzdem zu tun, sollte/müsste die Konsequenz auf meine Taten unmittelbar und zügig folgen.
Dazu braucht die Stadt das not-wendige Personal.


Quelle

(Daran scheiter es in Deutschland allerdings dann wahrscheinlich am ehesten; bei der Polzei, bei der Bahn, in den Schulen, bei den Gerichten ... überall wurde/wird Personal eingespart; dort zählt vor allen Dingen: DIE SCHWARZE NULL. Sparen ist die beste Medizin in allen Bereichen. - Okay, bei der Rüstung nicht; aber sonst.)

Singapur geht voran ;-) . Zum Beispiel:
  • Seit 1992 gilt in Singapur ein absolutes Kaugummiverbot. Kaugummis dürfen nicht eingeführt oder verkauft werden. Ausnahmen gibt es nur für medizinisch oder zahnhygienisch erforderliche Produkte. Wer aus dem Nachbarland Malaysia durchreist, muss Kaugummis in einem verschlossenen Behälter verstauen. Grund für den "Kaugummi-Bann" war die Verschmutzung von Straßen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Höchststrafe für den Verkauf beträgt rekordverdächtige 100.000 Dollar. 
Die asiatische Metropole hat eine der niedrigsten Kriminalitätsraten der Welt, erreicht wird sie aber mit Verboten für fast alles und mittelalterlichen Strafen wie Auspeitschen und Erhängen.
  • Wie erwähnt, die Menschen von Singapur halten ihre Stadt gerne sauber – Spucken ist daher hier nicht nur "nicht gern gesehen", sondern strafbar. Wer an öffentlichen Orten, und dazu zählen auch Märkte, Geschäfte, Busse oder Schulen, ausspuckt, kann eine Geldstrafe von 1.000 Dollar aufgebrummt bekommen. Diese Strafbestimmung wird auch tatsächlich vollzogen.
  • Auf der Toilette nicht spülen. Auch in diesem Fall wurde etwas, das in anderen Ländern nur als unhöflich oder unhygienisch gilt, in Singapur zu einer Straftat gemacht. Nach dem Klogang die Spülung nicht zu betätigen kann mit 150 Dollar Buße teuer kommen – für die Verhältnisse vor Ort freilich noch eine harmlose Strafe. Und die Chance, erwischt zu werden, soll Berichten zufolge eher gering sein. 
  • Zuhause nackt sein. "Jede Person, die nackt im öffentlichen Raum erscheint; oder im privaten Raum, wenn sie dabei öffentlich sichtbar ist, ist eines Vergehens schuldig", heißt es im Gesetz. Das Verbot erstreckt sich als auch auf die eigene Wohnung oder ein Hotelzimmer, wenn man etwa durch ein Fenster von der Straße aus zu sehen ist. Es ist also ratsam, in Singapur stets die Vorhänge gut zuzuziehen, denn auf das Vergehen stehen 2.000 Dollar Strafe oder bis zu drei Monate Haft.  _________________________________

Okay. Es muss ja nicht gleich wie in Singapur sein.
Und mit Geldstrafen von 1000 Dollar sieht es bei Flüchtlingen auch nicht so gut aus:

Das Kleingeld der Flüchtlinge
Auch in Deutschland müssen Flüchtlinge Bargeld und Wertsachen abgeben, und zwar schon seit den 1990er Jahren. Nur: Meistens haben sie gar nichts.
Von Simone Gaul
21. Januar 2016

"Ich bin nicht Polizist geworden, um Flüchtlinge zu plündern." Dieser Facebook-Post eines dänischen Polizisten namens Jacob Nielsen sorgte im Dezember [2015] für Aufsehen. Vorher war bekannt geworden, dass die dänische Regierung plant, Flüchtlinge bei ihrer Ankunft auf Wertsachen und Bargeld zu durchsuchen und ihnen beides abzunehmen, wenn es einen Wert von 3.000 Kronen (rund 400 Euro) übersteigt. Nielsen spielte auf Praktiken der Nazis an und auch die Washington Post zog diesen Vergleich. 

Jetzt schaffte es eine neue Meldung in die Schlagzeilen: Auch in Bayern und Baden-Württemberg müssen Flüchtlinge Bargeld und Wertsachen abgeben. In Bayern dürften Flüchtlinge bei ihrer Ankunft 750 Euro Bargeld behalten, in Baden-Württemberg 350 Euro, das berichtete zunächst die Bild-Zeitung, bald übernahmen Agenturen und andere Medien die Meldung. 
Tatsächlich nehmen nicht nur diese beiden, sondern fast alle Bundesländer in Deutschland Asylbewerbern einen Teil ihres Vermögens ab – sofern denn welches vorhanden ist. Grundlage dafür sind die Paragrafen 7 und 7A des Asylbewerberleistungsgesetzes des Bundes, beide stammen bereits aus den 1990er Jahren. [Quelle]
Dann bliebe noch Auspeitschen und Erhängen übrig? Geht bei uns aber auch nicht. 
Was dann?

Sehr geehrter Herr Bundesminister...
Wenn ich an Singapur denke (siehe oben) oder an Australien (Seit der nationalliberalen Regierung von Tony Abbott, die 2013 an die Macht kam, wurde der Slogan stop the boats zum Programm einer Operation Sovereign Borders (deutsch: Maßnahme: souveräne Grenzen) erklärt, eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Boatpeople. Derzeit werden Asylsuchende (Stand April 2017), die kein Einreisevisum vorweisen können, aufgrund der geltenden Rechtslage in Einwanderungshaft genommen und in Internierungslagern in In- oder Ausland untergebracht. Bootsflüchtlinge lässt Australien nicht ins Land. Sie werden auf abgelegenen Inseln interniert), also wenn ich an Singapur und Australien denke, dann finde ich Ihre Idee mit den ANKER-Zentren gar nicht sooo schlecht. Vergleichsweise human. Oder? Mit freundlichen Grüßen, Ihr XYZ 
_________________________________

Quelle (Juli 2017) 



 Quelle



Keine Kommentare: