Dienstag, Juli 17, 2018

Es tönen die Lieder, die HEIMAT kehrt wieder. Zeitenwenden.

Im Jahre 1890 erschien in Deutschland ein Kultbuch:
Rembrandt als Erzieher. Von einem Deutschen
das man im Gutenberg-Projekt online nachlesen kann.
Der "eine Deutsche" war August Julius Langbehn (1851-1907), "ein deutscher Schriftsteller, Kulturkritiker und Philosoph. Der Nationalist und Mitbegründer eines kulturpessimistischen Antisemitismuswurde vor allem mit seinem Buch Rembrandt als Erzieher bekannt." [Wikipedia] 
Das Buch von Julius Langbehn beginnt mit Leitgedanken:
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"Leitgedanken.

Zeichen des Niedergangs.

Es ist nachgerade zum öffentlichen Geheimnis geworden, daß das geistige Leben des deutschen Volkes sich gegenwärtig in einem Zustande des langsamen, einige meinen auch des rapiden Verfalls befindet. [...] "

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Die Zeit um 1900 wurde als eine Zeitenwende empfunden. Goethe wäre zu der Zeit etwa150 Jahre alt gewesen, Friedrich Nietzsche war im Sommer 1900 in Weimar verstorben, der Arzt Sigmund Freud war 44 Jahre alt, sein Buch "Traumdeutung" stellte eine völlig neue Art der Traumtheorie vor und wurde zu den meistgelesenen und einflussreichsten Büchern des 20. Jahrhundert.
Angesagte deutschsprachige Dichter der Zeit waren Stefan George, Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal, ... .
Zeitgenosse war auch der Deutsche Max Weber, "Klassiker der Soziologie sowie der gesamten Kultur- und Sozialwissenschaften".

[...] die Politik und das Deutsche Reich waren einem Paradigmenwechsel mit weitreichenden Folgen unterworfen. Das Zeitalter des Imperialismus begann für die Deutschen mit einer Rede des neu ernannten Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Bernhard von Bülow. Im Dezember 1897 hatte er im Reichstag einen stärkeren Expansionskurs in der Kolonialpolitik gefordert: Auch Deutschland brauche einen »Platz an der Sonne«. [in: Thomas Karlauf] 
  • Manches erinnert uns an heute: "Make XYZ great again" (Pegida, Putin, Trump, Erdogan, Xi Jinping ...)
Seinen wichtigsten Verbündeten fand Bülow im umtriebigen Staatssekretär des Reichsmarineamtes, Alfred von Tirpitz, der den Reichstag schon bald dazu brachte, die erforderlichen Mittel für den Bau einer neuen Schlachtflotte zu bewilligen. Die Nation trat massenhaft dem Flottenverein bei und steckte ihre Kinder in Matrosenanzüge. Vieles nahm sich großartig aus, etwa der durch die Orientreise Wilhelms II. 1898 vorangetriebene Plan zum Bau der Bagdadbahn von Konstantinopel an den Persischen Golf. [in: Karlauf] 
  • Ausrüstung statt Aufrüstung (Kanzlerin Merkel)
Konsequent übersehen wurde in Berlin aber, welche Irritationen diese Politik in London, St. Petersburg und Paris auslöste. Während die Nachbarn ihre Interessensphären diplomatisch abzugrenzen wussten und sich in Asien und Afrika verständigten, steckte das Reich bald tief in einer außenpolitischen Dauerkrise. Als es im Frühjahr 1904 zur Entente cordiale zwischen England und Frankreich kam, wurden in Berlin erstmals Pläne des Generalstabs für einen Präventivkrieg gegen Frankreich diskutiert. [Karlauf]
  • Vergl. die chinesische Außenpolitik der VR China in Afrika, Afghansitan, Europa mit der aktuellen von Donald Trump in den USA.
Apropos Stefan George, der am 12. Juli 2018 150 Jahre alt geworden wäre, und mit dessen Geburtstag sich seine Heimatstadt Bingen am Rhein aktuell sehr schwer tut.
... Die Bedeutung des Dichters George ist allerdings unumstritten. Viele seiner Gedichte und seine Übersetzungen von Baudelaire und Dante sind bis heute gültige Sprachwunder. Und der Meister führte die generelle Kleinschreibung in die Poesie ein. In der Geschichte des Stephan George-Kreises spiegelt sich auch deutsche Geschichte, zentral in der Gestalt von Claus Graf Schenk von Stauffenberg. Er und sein Bruder Berthold gehörten zu den Anhängern Georges genauso wie überzeugte Nationalsozialisten. Stefan George starb 1933, ohne sich den neuen Machthabern angedient zu haben. Eine Spurensuche, die in Bingen beginnt und endet ... [Quelle] 

Der Chauvinismus der wilhelminischen Epoche war George zuwider. Solange die Nation ihr Selbstvertrauen aus Schiffsregistern und Stahlexportquoten bezog und die Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen als Ausweis ihrer kulturellen Überlegenheit verstand, gab es zwischen ihr und ihm nichts Verbindendes.
»Wer weiss ob man als echter freund der Deutschen ihnen nicht eine kräftige SEE-schlappe wünschen soll damit sie jene völkische bescheidenheit wieder erlangen die sie von neuem zur erzeugung geistiger werte befähigt.«
Schon damals, Ende 1905, als ihn [Hugo von] Hofmannsthal aufforderte, angesichts eines drohenden deutsch-englischen Krieges einen offenen Brief mit zu unterzeichnen, erschien George die Kluft zwischen Geist und Politik unüberbrückbar. Krieg sei für ihn »nur lezte folge eines jahrelangen sinnlosen draufloswirtschaftens von beiden seiten«, antwortete er. Käme die Initiative »nicht von Einem dessen verstand ich aufs höchste bewundre: so würde ich sie für einen scherz halten«.
[In: Thomas Karlauf]

Zurück zu Langbehn:

Fritz Stern1926-2016, US-amerikanischer Historiker deutscher Herkunft schrieb 1963 (in seinem Buch "Kulturpessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland"), Julius  Langbehns 1890 erschienene Kultbuch Rembrandt als Erzieher sei eine ebenso wirre wie wirkungsvolle Schrift gewesen, die schnell "von allen romantischen Duselköpfen als neues Evangelium der Deutschen gepriesen wurde".


Quelle / Foto
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2018:



Jungle World meint dazu u.a.:

Die Neue Rechte ist im Zuge der AfD-Wahlerfolge zum langen Marsch durch die Institutionen aufgebrochen. Das gilt auch international. Kürzlich wurde der Leiter des Antaios-Verlags, Götz Kubi­tschek, gelernter Lehrer für Deutsch und Erdkunde, nach Budapest eingeladen. Er sollte auf einer vom ungarischen Außenministerium mitausgerichteten Konferenz zur »Zukunft Europas« über das »Migrationsproblem« referieren (Jungle World 2/2018). [...]
Anders als es die ewige Opferpose suggeriert, kommen die Neurechten auf ihrem Marsch durch die Institutionen jedoch gut voran. Das mit dem Antaios-Verlag eng verbundene Institut für Staatspolitik (IfS) hat mittlerweile einen direkten Draht in den Bundestag. Der AfD-Abgeordnete Harald Weyel aus Nordrhein-West­falen hat den IfS-Geschäftsführer Erik Lehnert als Mitarbeiter in seinem Berliner Büro angestellt. [...]
 Der ganze Artikel
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