Freitag, September 16, 2016

DITIB / DIYANET/ Islamverbände in Deutschland/ Christliche und islamische Religionsbehörden

Siehe dazu auch:
DITIB und der Islam-Unterricht in deutschen Schulen.

Nach dem (echten oder inszenierten - man weiß es nicht) gescheiterten Putsch-Versuch in der Türkei gegen Präsident Erdogan
beziehungsweise seit der Redaktion von Präsident Erdogan auf diesen Putschversuch haben in einigen deutschen Bundesländern die deutsche Behörden die Kooperation mit DITIB den islamischen Religions-Unterricht betreffend eingestellt.



Warum DITIB?
Eigentlich ist DITIB ein deutscher Verein, der in der Ära der GastarbeiterInnen in Deutschland Moscheen gegründet hat,
  • damit die muslimischen GastarbeiterInnen in der deutschen Fremde einen Ort zum Gebet haben,
  • einen Ort um sich zu treffen 
  • und einen Seelsorger, der ihre Sprache spricht. 
Der Seelsorger, der Imam, 
wurde/wird aus der Türkei für einige Jahre nach Deutschland ausgeliehen. - Damals war von den den deutschen Behörden noch nicht erwünscht, dass die Gast-ArbeiterInnen deutsch lernten, denn sie sollten nach getaner Arbei wieder in ihre Heimatländer zurückkehren. -
So sahen es auch die Gast-ArbeiterInnen oft selber, dass sie mit ihren Ersparnissen aus Deutschland wieder in ihr Geburtsland zurückkehren würden. 

Nach eigenen Angaben ist DITIB der größte islamische Verband in Deutschland, 
von den 4 Millionen in Muslim hat er Kontakt (durch Mitgliedschaft im Verein oder über die Gottesdienste) zu 800.000 (=20%) der Muslime in Deutschland - meisten Menschen mit türkischen Wurzeln, aber nicht nur

DITIB-Moschee in Köln. Nicht alle Moscheen sind DITIB-Moscheen.
Es gibt u.a. auch Mosschee, die von Saudi-Arabien finanziert wurden/werden,
dem Land, in dem der Wahabismus und der Salafismus heimisch ist,
der Frauen die Verschleierung vorschreibt, ihnen das Autofahren verbietet usw.
Die Eigendarstellung von DITIB:
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., DITIB
DITIB wurde in der Mitgliederversammlung vom 05.07.1984 in Köln nach bürgerlichem Recht für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der in ihr organisierten Vereine als bundesweiter Dachverband gegründet.
Im Gründungsjahr waren dies 230 Vereine, mittlerweile sind es über 900. Die angeschlossenen Ortsgemeinden sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige eingetragene Vereine, die die gleichen Prinzipien und satzungsgemäßen Zwecke der DITIB verfolgen und die DITIB als Dachverband anerkennen. [..] DITIB ist heute die mitgliederstärkste Migrantenorganisation in der Bundesrepublik Deutschland. [...] Umfragen zufolge, vertritt die DITIB über 70% der in Deutschland lebenden Muslime.
[Quelle]
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Das Problem: Das Präsidium für Religionsangelegenheiten, Diyanet İşleri Başkanlığı
  • (deutsch abgekürzt mit Diyanet). Es ist eine staatliche Einrichtung zur Verwaltung religiöser Angelegenheiten in der Türkei.
  • Quelle
  • Das Diyanet ist direkt dem türkischen Ministerpräsidenten unterstellt und ist die höchste islamische Autorität des Landes. 
Die Behörde hatte im Jahre 2015 mehr als 100.000 Mitarbeiter und einen Jahresetat von umgerechnet über einer Milliarde Euro.

Ditib in Deutschland untersteht der Türkischen Religions-Behörde - so wie Deutsche LehrerInnen an Deutschen Schulen im Ausland dem deutschen Bundesverwaltungsamt unterstehen.


Die Imame
werden in der Türkei unter der Ausicht von Diyanet ausgebildet (so wie die deutschen staatlichen Universitäten, die ReligionslehrerInnen, PfarrerInnen und Priester ausbilden, ihre Lehrpläne von den christlichen Kirchen, [den evangelischen Oberkirchenräten und katholischen Bischöflichen Ordinariaten] absegnen lassen müssen).
Also auch deutsche christliche ReligionslehrerInnen, PfarrerInnen und Priester stehen lebenslänglich unter der (inhaltlichen) Aufsicht ihrer Kirchen:
Die Kirchen können ihnen die Lehrerlaubnis (vocatio/ missio canonica) entziehen, wenn sie sich z.B. scheiden lassen (katholisch), ihre Kinder nicht als  Kinder taufen lassen (katholisch), in homosexueller Partberschaft leben (katholisch und regional auch evangelisch), in ihrem Unterricht etwas verbreiten, was nach Ansicht der Kirchen-Behörde der chistlichen Lehrmeinung widerspricht u.s.w..].

Die DITIB-Imame
werden für einige wenige Jahre (drei?)  nach Deutschland beurlaubt, bekommen ihr Gehalt von der türkischen Regierung. Ein zentraler Text, der freitags in allen DITIB-Moscheen in Deutschland auf türkisch verlesen wird, kommt einmal die Woche direkt aus der Türkei von Diyanet an DITIB nach Deutschland und wird dann für das zentrale Freitags-Gebet von DITIB an alle DITIB-Moscheen verteilt (so erzählte es mir ein Imam).

Die Imame sprechen oft kein deutsch [das ist ein Problem für die nicht-türkisch-sprechenden  Menschen muslimischen Glaubens beim Freitagsgebet und auch für die Seelsorge an diesen Gemeindegliedern].  Die Gemeinden können i.d.R. ihren Imam nicht auswählen. [Das können aber Katholiken und Protestanten in Deutschland bei ihren PfarrerInnen und Priestern auch nicht wirklich - oder nur eingeschränkt.]

Das aktuelle Problem - nach dem gescheiterten Puschversuch:
"Wes Brot ich eß, des Lied ich sing"?
  • »Erdogan will der Gesellschaft, ja, wie soll man sagen: Herr werden. 6000 Verhaftungen sind es inzwischen, ein Ende ist nicht abzusehen, Richter sind zu Tausenden aus ihren Ämtern entfernt, Militärangehörige, andere. - Eine Welle von „Säuberungen“ rollt durchs Land, und genau dieses Wort, „Säuberungen“, benutzt Erdogan selbst. Das hört sich an wie weiland.« [Quelle]
  • »Michael Wolffsohn, Historiker und emeritierter Professor an der Bundeswehruniversität München: Ihn erinnerten die Ereignisse in der Türkei an die Machtergreifung der Nazis. Das Vorgehen der Erdogan-Regierung sei wie aus dem Lehrbuch der Geschichte. Die Putschisten könne man mit den Widerständlern vom 20. Juli gleichsetzen.«  [Quelle]
Wenn Erdogan immer diktatorischer regiert, illiberaler wird, Oppositionelle verhaften lässt, die Presse zensiert, dann - so wird befürchtet - infiltriert dieser neue Geist auch die Religionsbehörde Diyanet in der Türkei, diese dann DITIB in Deutschland, diese wiederum die DITIB-Imame in Deutschland und zuletzt infizieren sich die 4 Millionen MuslimInnen in Deutschland mit Erdogans Geist.

So die Theorie und die Begründung, die in einigen Regionen Deutschlands zum Abbruch der o.g. Verhandlungen zum islamischen Religions-Unterricht in Deutschland geführt haben.
  • Ein Sturm im Wasserglas?
  • Unfug?
  • Berechtigte Sorge?
  • Verschwörungs-Theorie?
  • Von jedem ein bisschen?
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Die Gelehrten streiten sich - Manch einer heftig.

Neulich diskutierten im swr2-forum über "Die Interessen der Islam-Verbände":
  1. Dr. Zekeriya Altug, Ditib, Köln
  2. Dr. Abdel-Hakim Ourghi, Islamwissenschaftler, Pädagogische Hochschule Freiburg
  3. Prof. Haci Halil Uslucan, Direktor des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung, Universität Duisburg-Essen 
Zekeriya Altug, Ditib, Köln. Quelle: ARD
And the winner is:
Herr Altug, geboren 1973 in der Türkei, 1979 nach Deutschland ausgewandert. In den 1990er Jahren Physik-Student an der Uni Kiel; 10 Jahre Imam in Rendsburg und Schleswig (neben dem Studium); 2005 promovierte Altug am Institut für Physikalische Chemie der Universität Kiel. Später Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Physikalische Chemie der Universität in Kiel. - Er ist seit 2015 Leiter der Abteilung für die Außenbeziehungen des DITIB Bundesverbandes.

Abdel-Hakim Oughi
Angreifer - und Verlierer der Diskussion, war Herr Ourghi. Leider, denn eigentlich vertritt er einen offenen und liberalen Islam, konnte aber keine zwei Sätze in normaler Tonlage sagen, ohne wieder aggressiv und ausfällig gegen Herrn Altug zu werden, ohne seine Vorwürfe belegen zu können, (obwohl der Redakteur immer wieder nach Beispielen und konkreten Belegen fragte). - Herr Altug konnte ruhig und
sachlich alle Attacken parieren, so dass es beim Schlusspfiff  im Spiel Altug gegen Ourgi so ungefähr 10:0 für Altug ausging. - Herr Ourghi, geboren 1968 in Algerien,  hat dort 1987 Abitur gemacht, in Algerien Philosophie studiert, 2006 an der Uni Freiburg in Islamwissenschaft promoviert und ist dort seit 2011Abteilungsleiter am Institut der Theologien(!) der PH Freiburg im Bereich Islamische Religionspädagogik. - Vielleicht hatte er nur einen schlechten Tag... .

Die Rolle des neutralen Sachverständigen hatte sein Kollege Haci Halil Uslucan: Kundig, sachlich, ruhig.
Herr Uslucan ist 1965 in der Türkei geboren, Gastarbeiter-Kind, seit 1973 in Berlin. - Dort Studium der Psychologie, Diplom-Psychologe, seit August 2010  Professor an der Universität Duisburg-Essen und wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung in Essen (sagt wikipedia).

Machen Sie sich selber ein (Hör-) Bild, Sie finden die Diskussion sicher irgendwo als Podcast.

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